Lichtmessung bei Tempo 50
Neue Beleuchtungstechnologien mit LEDs ermöglichen auch im Bereich öffentlicher Beleuchtungen, z.B. für Straßen, Sportstätten oder andere Freiflächen erhebliche Einsparungen elektrischer Energie und die Reduktion der CO2-Emissionen. Geeignet konstruierte LED-Leuchten haben eine höhere Lichtausbeute als konventionelle Leuchten und können über optimierte Lichtverteilungen den benötigten Lichtstrom auf der zu beleuchtenden Fläche deutlich reduzieren. Dunkelflächen zwischen Leuchtenmasten lassen sich ebenso reduzieren oder sogar vermeiden wie unnötig hohe Beleuchtungsstärken direkt unter den Leuchten. Die Beleuchtungsqualität wird verbessert und gleichzeitig der Lichtsmog reduziert.
Besonders deutlich werden die Vorteile der LED-Beleuchtung im direkten Vergleich ihrer lichttechnischen Messergebnisse mit denen von konventionellen Leuchten. Das Messfahrzeug (GeoMess) nimmt hierfür die Beleuchtungssituationen automatisiert auf, geokodiert diese und stellt die Ergebnisse einander sowohl grafisch als auch numerisch gegenüber. Basierend auf den Messdaten können Bewertungen der vorhandenen Beleuchtung, Planungen neuer Beleuchtungsanlagen und nach deren Umsetzung auch objektive Ergebnisüberprüfungen durchgeführt sowie dokumentiert werden.
Ein interessantes Einsatzgebiet des Messsystems sind Sanierungen kommunaler Straßenbeleuchtungen. Erfolgen diese mit Hilfe finanzieller Förderungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) wird u.a. eine Energieeinsparung von mindestens 60 % vorausgesetzt. Zwar kann eine Ermittlung der Energieeinsparungen für eine konkrete Anlage auch mittels umfangreicher lichttechnischer Berechnungen der Alt- und Neuanlage durchgeführt werden, jedoch scheitern die Berechnungen der Altanlage häufig an fehlenden Daten. Mit dem mobilen Messsystem GeoMess kann eine unkomplizierte Messung der Altanlage erfolgen. Der Planer kann die Messergebnisse im Rahmen einer Ausschreibung nutzen und erhält Richtwerte für die Konzeption der Neuanlage und für die Auswahl geeigneter LED-Leuchten. Ferner können die Messwerte als gerichtsfeste Dokumentation bei Maßnahmen nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) herangezogen werden.
Die flächendeckende Messung des Beleuchtungsniveaus erfolgt unter Berücksichtigung besonderer Standorteinflüsse, wie z.B. Baumwuchs und sonstiger Abschattungen.
Beschreibung des Messsystems
Während eine manuelle lichttechnische Vermessung zwischen zwei Leuchten in Anlehnung an die DIN 13201-4 ein bis zwei Mannstunden in Anspruch nimmt, ist mit dem mobilen Messsystem GeoMess eine Messung in wenigen Sekunden durchführbar. Dabei werden beispielsweise die normativ vorgegebenen Gütemerkmale der Straßenbeleuchtung erfasst und um geografische Koordinaten ergänzt.
Das mobile Lichtmesssystem nimmt gemäß normativer Vorgaben an drei äquidistanten Positionen pro Fahrbahn quer zur Fahrtrichtung die horizontale Beleuchtungsstärke ca. 20 cm über der Fahrbahndecke auf. Eine etwa 50 m entfernte Leuchte vor bzw. hinter dem Fahrzeug ist aus Sicht des Messaufnehmers erfassbar. Dabei ist eine Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h möglich. Abb. 2 zeigt zur Veranschaulichung das normativ vorgegebene Messraster für Straßenbeleuchtungen.
Das Messsystem besteht aus folgenden Komponenten:
- ein Messfahrzeug
- ein Differential-GPS
- sechs Beleuchtungsstärkesensoren für die horizontalen Beleuchtungsstärken
- ein zusätzlicher Beleuchtungsstärkesensor für die vertikale Beleuchtungsstärke
- ein Echtzeitrechner zur Messsignalaufnahme und -verrechnung
- ein Notebook zur Messdatenspeicherung und geokodierten Messdatenpräsentation
Im vereinfachten Instanzennetz des Messsystems (siehe Abb. 3) kennzeichnen die rechteckig dargestellten Instanzen autonome Funktionseinheiten mit definierten Zuständigkeiten. Sie sind durch Eingänge und rückkopplungsfreie Ausgänge charakterisiert. Die einzelnen Instanzen kommunizieren über die als Kreise dargestellten Datenräume miteinander. Datenzugriffe werden über Pfeile zwischen Datenräumen und Instanzen charakterisiert. Das Instanzennetz erlaubt eine statische Interpretation des Einzugsbereichs der einzelnen Funktionseinheiten.
Erfassung der Beleuchtungsstärke
Da die Sensoren durch das Messfahrzeug selbst abgeschattet würden, besitzt das System jeweils drei Beleuchtungsstärkesensoren an der Front und am Heck (siehe Abb. 4 und 5). Der Erfassungsbereich der einzelnen Halbraum-Beleuchtungsstärkesensoren wird durch geeignet konstruierte, geschwärzte Halterungen auf einen vorgegebenen Winkelbereich begrenzt (vgl. Abb. 5). Die Schwärzung vermeidet ungewollte Reflexionen an Halterung oder Abschattung.
Die Sensoren messen daher jeweils einen Viertelraum aus. So wird von den vorderen drei Sensoren der vordere obere Viertelraum erfasst, während die hinteren drei Sensoren den hinteren oberen Viertelraum abdecken. Durch positionsrichtige Addition der jeweiligen Messwertpaare (links, mittig und rechts) ergibt sich dieselbe horizontale Gesamtbeleuchtungsstärke, die durch einen einzelnen Sensor ohne Abschattung im oberen Halbraum an dieser Stelle gemessen würde. Hierzu werden die zeitlich nacheinander aus den GPS-Informationen und dem Sensorabstand in Fahrtrichtung ermittelten Positionen verrechnet und die räumlich korrigierten Messwerte summiert.
Optional kann ein vertikaler Beleuchtungsstärkesensor in das Messsystem eingebunden werden. Dieser wird auf dem Fahrzeugdach in einer Höhe von ca. 1,5 m montiert. Die vertikale Beleuchtungsstärke wird z.B. bei Fußgängerüberwegen als Messgröße herangezogen. Sie gibt Auskunft darüber, ob eine ausreichende Gesichtserkennung von Fußgängern ermöglicht wird bzw. sich der Fußgänger ausreichend vom Hintergrund abhebt. Nach DIN 67523 sollte ein Mindestwert der vertikalen Beleuchtungsstärke von 4 lx in allen Bereichen des Fußgängerüberweges eingehalten werden.
Die Beleuchtungsstärkemessung wird mit einem Optometer (siehe Abb. 7) durchgeführt. Die Sensoren entsprechen Genauigkeitsklasse A (f1 < 3%). Die acht Eingänge des Optometers sind herstellerseitig auf die jeweils angeschlossenen Sensoren inklusive Kabel kalibriert.
Positionsbestimmung
Zur Positionsbestimmung kommt ein DGPS-Gerät mit zwei separaten GPS-Empfängern zum Einsatz. Der DGPS-Empfänger wertet zusätzlich zur GPS-Position die Daten einer nahegelegenen Beacon-Referenzstation aus und erreicht eine Genauigkeit von 1 m. Bei Verlust des GPS-Empfangs, z.B. zwischen hohen Häusern, unter Bäumen oder bei Messungen in Tunneln, wird die Position mithilfe eines Gyrosensors und zusätzlich aus dem Tachosignal des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der Fahrtrichtung bestimmt. Die GPS-Antenne befindet sich auf dem Fahrzeugdach (siehe Abb. 8).
Messdatenerfassung und -verarbeitung
Ein Echtzeitrechnersystem übernimmt die digitale Messdatenerfassung und -verarbeitung. Die so erhaltenen Messwertpaare werden über Ethernet an einen Windows-Notebook übertragen, wo sie von einem Aufzeichnungsprogramm in eine Datei geschrieben werden. Gleichzeitig werden einfache Liniendiagramme dargestellt und verschiedene Zustände signalisiert, die dem Benutzer während der Messfahrt auf einen Blick die korrekte Funktion der Sensoren und des Messsystems anzeigen.
Die Rohdaten werden geprüft, umgerechnet, interpoliert und positionsrichtig addiert. Anschließend steht eine Datei mit Breiten- und Längengrad-, Gauss-Krüger- und UTM-Format zur Weiterverarbeitung zur Verfügung.
In der Software erfolgt eine quasi-kontinuierliche Bewertung der Messergebnisse anhand normativer Vorgaben. Geeignete, vorzugsweise über das Internet steuerbare LED-Leuchten, könnten daher zukünftig während einer Messfahrt über einen UMTS-Zugang des Messsystems automatisiert eingestellt und nachgeregelt werden.
Beispielmessungen an einer Straßenbeleuchtung
Die Vorteile der dynamischen Beleuchtungsniveaumessung liegen vor allem in der Aufnahmegeschwindigkeit und flächendeckenden Messwerterfassung. Bei einer Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h können im Durchschnitt ca. 500 Lichtpunkte pro Nacht erfasst werden. D.h., die Beleuchtungssituation kleinerer Kommunen lässt sich in nur einer Nacht aufnehmen. Darüber hinaus wird mit der individuell einstellbaren Länge der Messarme die komplette Straßenbreite bzw. Fahrspur abgedeckt. Jeden Meter werden Messwerte aufgenommen. Abb. 9 zeigt die Messpunkte bei einer Standardstraße. Bei einer Straßenbreite von 7 m und einem Lichtpunktabstand von 40 m werden so mindestens 240 Messpunkte flächendeckend zwischen zwei Leuchten aufgenommen.
Bei Handmessungen wird ein Bereich zwischen zwei Leuchten nach eigenem Ermessen ausgewählt. Verschiedene Standorteinflüsse, wie Abschattungen durch Baumwuchs, werden daher nicht unbedingt in Erscheinung treten. Dieser Aspekt kann allerdings einen entscheidenden Einfluss auf die Berechnung der Gleichmäßigkeit der Beleuchtung haben, welche das Verhältnis der minimalen zur mittleren Beleuchtungsstärke darstellt. So wird bei einer Handmessung die gemessene Gleichmäßigkeit stets höher sein, als bei einer dynamischen Messwerterfassung, da abschattende Objekte, die einen tieferen Minimalwert zur Folge haben, in der Regel keinen Eingang in die Berechnung finden. Schlussfolgernd wird mit dem dynamischen Messsystem die Realität besser abgebildet, da zwangsläufig alle Standorteinflüsse Berücksichtigung finden.
Tab. 1 zeigt beispielhaft das in Anlehnung an die Norm verwendete Messprotokoll. Nach durchgeführter Messung werden die Rohdaten in ein Konvertierungstool geladen, welches sie für die weitere Verarbeitung formatiert. Die entstandene Datei kann anschließend in ein Auswertetool geladen werden, wo sich durch eine »Verortung« eine straßen- bzw. straßenabschnittsweise Auswertung der Messwerte erzeugen lässt.
Mit den berechneten Mittelwerten der horizontalen Beleuchtungsstärke kann schnell ein Vergleich zu normativen Vorgaben tabellarisch erstellt und exportiert werden (vgl. Tab. 2). Vor einer geplanten Sanierung der Beleuchtungsanlage kann auf diese Weise entschieden werden, ob das Beleuchtungsniveau einer Straße erhöht oder ggf. reduziert werden sollte.
Abb. 10 zeigt eine grafische Darstellung der Messwerte eines aufgenommenen Straßenzuges. Die Rechtecke symbolisieren die am jeweiligen Ort ermittelte horizontale Beleuchtungsstärke. Die lokalen Maxima verdeutlichen die Bereiche unterhalb der Leuchten, die Täler den Bereich dazwischen. Die Maxima von 86 lx und 115 lx zeigen Messwertaufnahmen zweier Fußgängerüberwege, die nach Norm deutlich heller beleuchtet werden sollten, um eine sichere und schnelle Erkennung von Personen zu gewährleisten. Erstrebenswert wären allerdings sanftere Übergänge, also eine höhere Gleichmäßigkeit, um eine bessere Adaption der Augen zu erreichen.
Abb. 11 zeigt einen Messwertausschnitt zwischen zwei Leuchten. Hier wird deutlich, dass der mittlere Bereich schlecht ausgeleuchtet ist. Zwischen den Messwertnummern 16 und 46 befinden sich 30 m des Straßenzuges mit einer mittleren horizontalen Beleuchtungsstärke kleiner 1 lx. Derartige Dunkelzonen lassen sich auch in einer Graustufendarstellung der Messwerte in Google Maps visualisieren (vgl. Abb. 12). Die dunklen Zonen zeigen Messwerte kleiner 1 lx und befinden sich zwischen den Lichtpunkten. Auch in dieser Darstellung wird deutlich, dass eine ungleichmäßige Ausleuchtung vorliegt.
Mit GeoMess wurde das Beleuchtungsniveau in zahlreichen Kommunen gemessen, oftmals vor und nach der Umrüstung auf LED-Leuchten oder zur gerichtsfesten Dokumentation bei KAG-Maßnahmen.
Beispielmessung Sportstättenbeleuchtung
Es wurden zwei Beleuchtungssituationen mit unterschiedlichen Leuchten auf dem Sportplatz des SC Falke Saerbeck lichttechnisch vermessen. Hierfür wurde die Beleuchtungsstärke ortsaufgelöst über den Bereich des Sportplatzes mit dem Messfahrzeug GeoMess evaluiert. Bei einer ersten Messung wurde die ursprüngliche Flutlichtanlage mit acht HQL-Strahlern zu je 2000 W auf sechs Masten erfasst, bei der zweiten Messung die von der Berling Living Lights GmbH realisierte neue LED-Flutlichtanlage, ebenfalls auf sechs Masten. Die gemessenen lichttechnischen Parameter der beiden Beleuchtungssituationen stellen ein gutes Beispiel für die Verbesserung der Lichtqualität durch neue Beleuchtungstechnologien mit LEDs dar. Gewertet wurden jeweils über 5000 aufgenommene Messwerte. Messpunkte, die außerhalb des Sportplatzes im Randbereich lagen, wurden nicht gewertet.
Beleuchtungsstärkeverteilungen der beiden vermessenen Beleuchtungssituationen sind in den Abb. 14 und 15 dargestellt. Dabei liegen schwarze Messpunkte unterhalb von 50 lx, hellgrüne Messpunkte oberhalb der hier im Mittel geforderten 75 lx und olivgrüne Messpunkte zwischen diesen Grenzen. Im Vergleich zur ursprünglichen HQL-Flutlichtanlage wurde mit der neuen LED-Flutlichtanlage eine signifikante Verbesserung der mittleren Beleuchtungsstärke sowie der Gleichmäßigkeit erreicht.
Die DIN EN 12193 zu Beleuchtungsanforderungen beim Fußball sieht für die Beleuchtungsklasse III eine mittlere Beleuchtungsstärke von 75 lx sowie eine Gleichmäßigkeit von 0,5 vor. Die HQL-Flutlichtanlage konnte diese Anforderungen bei Weitem nicht erfüllen, während die LED-Flutlichtanlage sie sogar übertrifft.
Weitere Informationen: Autoren:
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Kuipers, FH Südwestfalen, www.fh-swf.de
B. Eng. Freia Irina Mues; Dipl.-Ing. Joachim Ritz, Institut für Technologie und Wissenstransfer (TWS), Soest, www.tws-soest.de
B. Eng. Svenja Schaffrin, Klaus Bellgardt, STEPConsult GmbH, Maikammer, www.stepconsult.de