Eine echte Kunst
Kapitel 1
Schädigung durch Licht und Wärme
Licht und Wärme bieten das größte Schädigungspotenzial für Kunstobjekte. Licht ist energiereiche Strahlung, die vom Kunstwerk absorbiert wird. Durch die daraus entstehenden chemischen Reaktionen kann es zu Materialschädigungen kommen. Diesen Zerstörungsprozess nennt man allgemein »photochemische Zersetzung«. Je nach Wellenlänge unterscheidet sich das Schädigungspotenzial des Lichts. Mit zunehmender Wellenlänge reduziert sich die Schädigung. Langwelliges Licht richtet am wenigsten Schaden an, kürzere Wellenlängen bis hin zur ultravioletten Strahlung ab etwa 365 nm schädigen am stärksten (circa 135-mal mehr). Wärmestrahlung beschleunigt den Alterungsprozess von Materialien. Damit liegt die größte Herausforderung für die Lichtplaner von Museen darin, diese beiden Aspekte zu meistern.
Der größte Feind von Kunstobjekten ist die natürliche Beleuchtung, wobei das Licht des blauen Himmels mit seinem Blau- und UV-Spektrum mehr schädigt als die direkte Sonneneinstrahlung mit ihrem höheren Infrarotanteil. Gleichzeitig ist es das wichtigste Ziel in Museen, für besonders natürliche Beleuchtung zu sorgen – mit künstlichem Licht. Hierfür bisher meist eingesetzte Glüh- und Halogenlampen haben aufgrund ihres geringen Blau- und UV-Anteils eigentlich ein geringes Schädigungspotenzial. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Temperaturstrahler wirkt sich die hohe Wärmestrahlung jedoch negativ auf die Kunstobjekte aus.
LED-Beleuchtung: Großes Potenzial für Museen
Der Einsatz professioneller LED-Beleuchtung bietet materialschonendes und gleichzeitig angenehmes, qualitativ hochwertiges Licht, das eine verbesserte konservatorische Absicherung der Ausstellungsstücke ermöglicht und sie gleichzeitig farblich adäquat darstellt. Im Gegensatz zu Tageslicht und dem Licht von Temperaturstrahlern verfügen Leuchtdioden über eine minimale Infrarotstrahlung. Auch die UV-Strahlung bewegt sich auf sehr niedrigem Niveau. Weitere Vorteile: hohe Flexibilität, da das Licht einfach optisch oder elektronisch an die individuellen Gegebenheiten angepasst werden kann, sowie hohe Energieeffizienz und lange Lebensdauer. Für eine adäquate Museumsbeleuchtung müssen qualitativ hochwertige Lichtverhältnisse vorherrschen. Die Lichtqualität wird durch verschiedene Faktoren bestimmt: Die Helligkeit bzw. Beleuchtungsstärke auf der Oberfläche der Kunstobjekte, die Lichtfarbe, die Farbwiedergabe und nicht zuletzt die Anpassung des Lichts an den Tageslichtverlauf sowie die Vermeidung einer Blendung des Betrachters.
Viel, aber nicht zu viel
Um Kunstwerke auf bestmögliche Weise betrachten zu können, ist eine bestimmte Helligkeit auf der Oberfläche nötig. Museumsübliche Beleuchtungsstärken liegen bei 50 bis etwa 200 lx – je nach Objekt. Gegenstände aus Papier wie Grafiken oder historische Dokumente sind hinsichtlich Wärme- und UV-Strahlung sehr empfindlich und stellen deshalb die größten Herausforderungen an das Licht. Sie dürfen nur mit maximal 50 lx Halogen- oder Glühlampenlicht beleuchtet werden, um keine Schädigung zu riskieren. Das führt beim Museumsbesucher zu einer deutlichen Einschränkung seiner Sehleistungen. Er empfindet die Beleuchtung als zu dunkel. Hier können Leuchtdioden helfen, da Untersuchungen mit LED-Beleuchtung zeigen, dass bei Einsatz der neuen Technologie auch 70 und mehr Lux im Bereich des Möglichen liegen. Damit können empfindliche Objekte auch heller beleuchtet werden.
Eine Frage der Verteilung
Für die Beleuchtung in Museen werden zwei Arten von Leuchten benötigt: Zum einen solche, die eine ausreichende Helligkeit im Raum generieren. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, Wände und Decken mit indirektem Licht einzublenden. Zum anderen sind Leuchten gefragt, die die Kunstwerke direkt beleuchten und akzentuieren. Hierfür werden Strahler wie die sogenannten Spotlights eingesetzt.
Wohlbefinden und Wahrnehmung
Die eingesetzte Lichtfarbe beeinflusst die Behaglichkeit des Museumsbesuchers. Bei niedrigen Beleuchtungsstärken von 50 bis 100 lx erscheinen Lichtfarben von 2500 bis 3000 K (warmweiß) behaglicher, höhere dagegen als unangenehm. Bei hohen, tageslichtähnlichen Farbtemperaturen von etwa 6000 K (tageslichtweiß) wird die Lichtsituation im Raum erst bei einer Helligkeit von mehr als 500 lx als angenehm empfunden. Das zeigt, dass bei der üblichen Beleuchtungsstärke in Museen von 50 bis 200 lx der Einsatz warm- bis neutralweißer Lichtfarben (2500 bis 4000 K) präferiert werden sollte. Warmweißes Licht enthält zudem einen geringen Blauanteil – ein weiterer Vorteil hinsichtlich des Schutzes der Kunstwerke.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen der Beleuchtung alter und neuerer Objekte: Im Bereich der Gemälde werden alte Meister wegen der warmen Farben der Kunstwerke eher mit warmweißen 2400 bis 3000 K beleuchtet, impressionistische Werke wie die Freilandmalerei eher mit kälteren Lichtfarben zwischen 4000 und 6000 K. Bei der Lichtfarbe ist zu beachten, dass Farben immer nur im Vergleich zur Referenz der Lichtquelle gesehen werden. Deshalb empfinden Menschen Tages- oder Glühlampenlicht und viele andere Lichtquellen einzeln betrachtet als weiß, auch wenn deren Lichtspektrum völlig unterschiedlich ist. Erkannt wird die Verschiedenfarbigkeit erst im direkten Vergleich nebeneinander.
Blendung vermeiden
Trotz Helligkeit darf das Licht den Betrachter im Museum aber nicht blenden. Dabei handelt es sich nicht um die bekannte physiologische, sichtbehindernde Blendung, die zum Beispiel auftritt, wenn einem nachts ein Auto entgegenkommt. Vielmehr geht es um eine subtilere Art der Blendung, die sogenannte psychologische Variante. Durch sichtbare Lichtquellen oder starke Lichtpunkte im Sehfeld wird die Aufmerksamkeit des Besuchers auf für ihn unangenehme Weise abgelenkt. Es gibt also keine direkte Sichtbehinderung, aber dennoch stellt sich ein Unwohlsein bzw. Stressempfinden ein. Dies kann mit der richtigen Beleuchtung verhindert werden.
Eine Option: Dynamisches Licht
Bei der Museumsbeleuchtung kann zudem eine Anpassung an den Tageslichtverlauf angestrebt werden – vom Morgenrot mit etwa 3000 K über das mittägliche Tageslicht mit etwa 6000 K bis hin zum Abendrot mit einer dem Morgenrot ähnlichen Lichtfarbe. Denn auch Künstler betrachten ihre gestalteten Objekte unter den verschiedenen Beleuchtungssituationen des Tages. Um dies realisieren zu können, müssen die Lichtsysteme mit unterstützender Optik und intelligenter Elektronik ausgestattet sein. Automatisiertes Dimmen der Beleuchtung oder präsenzabhängiges Schalten sind auch ein wichtiger Baustein, um die Lichtexposition der Exponate zu reduzieren.
Authentische Farben
Die Farbwiedergabe ist ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Museumsbeleuchtung, denn die Farben der Kunstwerke sollen natürlich und adäquat dargestellt werden. Die bestmögliche Farbwiedergabe wird durch einen CRI (Color Rendering Index) von 100 gekennzeichnet. Je geringer die Zahl, desto schlechter ist diese.
Wertvolle Bauzeichnungen schonend beleuchtet
Das 150. Jubiläum der Befreiungshalle in Kehlheim nahm das Archäologische Museum der Stadt im Herbst 2013 zum Anlass, die Baugeschichte des Denkmals in einer Sonderausstellung Revue passieren zu lassen. Gegenstand der Ausstellung waren 60 Original-Baupläne der Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze. Die eingesetzte Beleuchtung musste die Pläne schonend, aber trotzdem gut sichtbar präsentieren. Bewältigen konnten diese Aufgabe 70 »LED-Touch Tracklight L«-Leuchten mit Hochleistungs-LEDs von Osram Opto Semiconductors. Sie verfügen mit 2700 K über eine sehr warme Lichtfarbe und die Farbwiedergabe ist mit einem CRI von 95 besonders gut. Auch sind die Leuchten von 5 bis 100 % dimmbar und können Helligkeiten von 30 bis 1000 lx erzeugen. Die LED-Strahler schaffen einen hellen Raum, ohne dass es zu Schädigungen an den wertvollen Objekten kommt. Durch vier austauschbare Linsen und die Verstellbarkeit in drei Achsen können die »LED-Touch Tracklight L« genau so ausgerichtet werden, dass sie die Stellen beleuchten, die im Mittelpunkt stehen sollen. Um kostenaufwändige Neuinstallationen zu vermeiden, wurden die neuen Osram-Leuchten zudem direkt in das bestehende Schienensystem des Museums eingebaut.
Berühmte Fresken in neuem Licht
Ein Vorzeigebeispiel für die Beleuchtung kunstgeschichtlich bedeutender Werke wird die neue Lichtlösung in der Sixtinischen Kapelle in Rom werden. Sie erhält derzeit ein neues Lichtsystem mit rund 7000 LEDs des Typs »Oslon SSL« von Osram Opto Semiconductors. In der Sixtinischen Kapelle sind die berühmten Fresken von Michelangelo zu sehen, bisher konnten die Besucher diese allerdings nur in einem Dämmerlicht betrachten. Die besonders kunstschonende LED-Beleuchtung erlaubt nun mit etwa 50 bis 100 lx eine vielfach höhere Beleuchtungsstärke als bisher. Dies sorgt dafür, dass die Kunstwerke gut zu erkennen sind, aber gleichzeitig möglichst wenig altern. Um sicherzustellen, dass das Licht aus derselben Richtung kommt wie das natürliche Tageslicht, werden die Leuchten unsichtbar unterhalb der Fenster auf einem Gesims installiert. Die Lichtverteilung wurde durch spezielle Optiken auf die architektonischen Verhältnisse und die Anforderungen des Lichtdesigns maßgeschneidert.
Ebenso wurde die spektrale Verteilung des Lichtes auf die speziellen Charakteristika der Fresken zur Erreichung der bestmöglichen Farbwiedergabequalität optimiert. In einer Klimakammer wurden in den vatikanischen Laboratorien Pigmente, die nach Originalrezeptur hergestellt wurden, einem zwölfmonatigem Stress- und Alterungstest mit 100-facher Beleuchtungsstärke unterzogen. Ein Experiment mit dieser Bestrahlungsdosis entspricht einer 100-jährigen Beleuchtung mit dem Osram-System und zeigt nicht die geringsten Veränderungen an den Farbpigmenten. Von circa 280 repräsentativen Proben aus dem gesamten Farbraum wurde die Reflektanz, also die spektralen Reflektionseigenschaften, in der gesamten Sixtinischen Kapelle gemessen. Aus diesen Werten wurde in Optimierungsverfahren sowohl die ideale Auswahl der LED bestimmt als auch das beste Mischverhältnis der Spektren für eine optimale Farbwiedergabe und Farbtreue. Ein Lichtsteuersystem erlaubt die Ansteuerung jeder einzelnen Leuchte zur Erfüllung der Wünsche der Museumsleitung und Konservatoren in den vatikanischen Museen. Durch die Effizienz der LED-Technologie und die neue Gestaltungsfreiheit für den Konstrukteur und den Lichtplaner kann die Beleuchtungsstärke um den Faktor 10 gesteigert, die Farbwiedergabe extrem verbessert (Ra > 95) und gleichzeitig der Energieverbrauch um mindestens 60 % gesenkt werden.
Viele Vorteile für Kunst und Kunstgenießer
Die vielen Vorteile der LED-Technologie kommen demnach besonders in der Museumsbeleuchtung zum Tragen. Neben dem geringen Schädigungspotenzial aufgrund fehlender UV-Strahlung zählt auch eine erhebliche Kosteneinsparung durch die Leuchtdioden zu den positiven Aspekten. Denn Museen benötigen mehr Beleuchtung als konventionelle Bauten – dementsprechend höher sind die Stromkosten. Die lange Lebensdauer der LED und die hohe Energieeffizienz führen zu weniger Stromverbrauch und gleichzeitig zu geringeren Instandhaltungs- und Wartungskosten. Nicht zu vergessen sind außerdem neue attraktive Designlösungen für die Leuchten, die durch die kompakten LED erst möglich werden.
Weitere Informationen:
LED-Technik in allen drei Projekten: Osram Opto Semiconductor, Regensburg, www.osram-os.com
Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, www.lenbachhaus.de
Befreiungshalle in Kehlheim, www.befreiungshalle.org
Sixtinische Kapelle, Vatikanstadt, www.museivaticani.va