Die Aussichten: wolkig bis heiter
Kapitel 1
Licht gehört für den amerikanischen Architekten Frank Gehry – Träger des Pritzker Architekturpreises und einer der bedeutendsten Baumeister unserer Zeit – seit jeher zu den zentralen Themen seines Schaffens. Von den späten 1960er Jahren bis heute hat er sich für seine vielfältigen Bauprojekte immer wieder mit Beleuchtungskonzepten und dem Entwurf von Leuchtkörpern befasst. Bereits Mitte der 1980er Jahre experimentierte er mit dem Material »Colorcore«, das Ergebnis waren die Leuchten »Fish« und »Snake«, die in Kleinstserien produziert wurden. Bei seinen weiteren Produkten handelte es sich stets um Spezialanfertigungen, die er im Rahmen eines bestimmten Projektes entwickelte. Ein prominentes Beispiel hierfür sind etwa die individuell gestalteten, expressiven Leuchtenskulpturen in den Konferenzräumen des 1994 fertiggestellten Vitra Center in Birsfelden.
Die von Frank Gehry entworfene Leuchtenkollektion »Cloud« ist zwar keine Sonderleuchte, sondern wird von Belux in Serie produziert. Die Optionen auf Individualität und projektspezifische Einzelstücke bleiben aber trotzdem gewahrt.
Die Nutzer als Mitgestalter
Bereits der Name der »Cloud«-Serie verweist auf den poetischen Charakter dieser Kreationen, die nach dem Willen ihres Schöpfers »the feeling of freedom and eccentricity« zum Ausdruck bringen sollen. Die Leuchte wird in verschiedenen Größen und Varianten angeboten – wahlweise als Pendel, Steh-, Boden- oder Tischleuchte. Ein voluminöser, aber gleichzeitig auch zarter, papierartig anmutender Schirm, in dessen Zentrum sich das unsichtbare Leuchtmittel befindet, stellt das gemeinsame Merkmal dar. Seine unregelmäßige, von zahllosen Falten, Knicken, Ausbuchtungen und Dellen geprägte Form erinnert bald an eine luftige Wolke, bald an einen großen, weichen Schneeball.
Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass der Schirm jeweils aus mehreren, zusammengesteckten Schalenelementen besteht. Dabei behält jede Leuchte trotz des gleichartigen Bauplans und der vorgegebenen Grundform eine individuelle Note. Denn die während des Produktionsprozesses mehr oder minder zufällig entstehende Faltenstruktur des Schirmes kann und soll durch ein einfaches Ausbeulen oder Eindrücken verändert werden. Auf diese Weise macht die Leuchte ihre Nutzer zu Mitgestaltern – und dies, je nach Wunsch, immer wieder aufs Neue.
Hommage an Isamo Noguchi
Gehry selbst will »Cloud« als Hommage an Isamo Noguchi verstanden wissen. Mit dessen berühmten, papierenen Akari-Leuchten hat sein Entwurf vor allem die skulpturale Qualität gemeinsam. Eine weitere Parallele zu Noguchi ist Gehrys Interesse am Material Papier, mit dem er bereits für seine Möbelprojekte intensiv gearbeitet hat. So verwundert es nicht, wenn der erste Prototyp der Leuchte aus komplex verformten Packpapierschalen entstand, die mittels Heftklammern miteinander verbunden wurden. Für die Serienproduktion benötigte man aus licht- und sicherheitstechnischen Gründen jedoch ein alternatives Material. Nach intensiven Recherchen wurde speziell für diesen Zweck ein Polyestervlies mehrfach veredelt, das in Optik und Haptik einem starken, leicht fasrigen Papier ähnelt. Flexibel verformbar, reißfest, schwer entflammbar, alterungsbeständig und leicht zu reinigen erwies sich dieser Werkstoff als ideale Wahl.
Wie eine »Wolke« entsteht
Für die Produktion der Leuchten werden Bögen aus diesem neuen Material zu Schalen tiefgezogen und zur Aussteifung mit einem Ring aus transparentem Polycarbonat versehen. Unterschiedlich viele Schalen bilden, mit kleinen Kunststoffclips zusammengesteckt, einen Leuchtenschirm. Nach seiner Montage wird er zum Transport zusammengepresst und erst vom Kunden mit wenigen Handgriffen wieder entfaltet und in seine (vorläufig) endgültige Form gebracht. Eine filigrane Drahtkonstruktion, in die auch die Fassung des Leuchtmittels integriert ist, dient als Halterung des Schirmes.
Dank ihrer Variantenvielfalt eignet sich die »Cloud«-Kollektion für zahlreiche Einsatzbereiche. Sie macht nicht nur in privaten Wohnräumen eine gute Figur, sondern auch im Objektbereich, etwa in Lobbys, in der Gastronomie oder in Konferenzräumen. Der modulare Aufbau ermöglicht es, neben den definierten Standardgrößen auch Sonderanfertigungen nach Kundenwunsch herzustellen. Aber auch schon die Größenvielfalt der Serienproduktion ist beeindruckend. Das Spektrum reicht von der »Baby-Cloud« mit 14 cm Durchmesser bis zu riesigen »Mamaclouds«. Wer möchte, kann also einen ganzen Himmel voller Schönwetterwolken komponieren.
Leuchtende Wolken unterm Glasdach
Wahr geworden ist dies zum Beispiel im Atrium einer Filiale der USB-Bank in Genf. Hier schwebt die derzeit größte »Mamacloud« und trägt zu einem optimalen Arbeits- und Raumklima bei. Die Überdachung des Innenhofes zur Umnutzung als Kundenhalle stellte das Architekturbüro Omarini vor drei Herausforderungen: Es musste das stark einfallende Tageslicht reduziert, die Akustik im hohen Raum reguliert und eine künstliche Lichtquelle kreiert werden. Die Lösung liefern drei Wolken mit bis zu 12 m Länge und 3 m Durchmesser. Sie filtern das Tageslicht und spenden bei Bedarf angenehmes, künstliches Raumlicht. Die Oberflächen der Leuchten reduzieren den Schall in der Halle und sorgen für eine einmalige Atmosphäre.
Weitere Informationen:
Fotos: Belux AG, Birsfelden (CH), www.belux.com
Leuchtendesign: Frank Gehry, Santa Monica, www.foga.com