Wie Wassertropfen an einem Faden
Im Zuge der Umgestaltung des Wüst-Areals beauftragte die Stadt Fellbach das Stuttgarter Planungsbüro Belzner Holmes Light-Design mit dem Lichtkonzept und der weiteren Planung. Unter den vorgelegten Varianten entschied sich die Stadt für eine Spannseilanlage. Hierfür wurde eigens die Seilleuchte »Fellbach« entwickelt und konstruiert.

Seillösungen über öffentlichen Straßen und Plätzen sind in den letzten Jahrzehnten aus der Mode gekommen. In jüngster Zeit besinnt man sich nun wieder auf die Seilleuchte. Die Vorteile: Der Lichtpunkt ist dort, wo man ihn braucht: in der Fahrbahnmitte. Die Lichtverteilung geschieht gleichmäßig. Masten werden überflüssig und der Platz am Straßenrand und an den Häuserfronten bleibt frei. Durch den gerichteten Einsatz von Licht und die Vermeidung von Blendung wird der Lichtaustritt kontrolliert und die Lichtverschmutzung auf ein Minimum reduziert. Einzig der Nachteil: Man muss für die Verankerung mit den Hauseigentümern Verhandlungen führen und Gestattungsverträge abschließen.


Eine neue Ästhetik für die Seilleuchte
2018 beauftragte die Stadt Fellbach im Zuge einer Umgestaltung des Wüst-Areals das Planungsbüro Belzner Holmes Light-Design in Stuttgart mit dem Lichtkonzept und der weiteren Planung. Unter den vorgelegten Varianten entschied sich die Stadt Fellbach für eine Spannseilanlage. Es existierten bereits Überspannungen, deren Punkte man nutzen konnte. »Überspannleuchten können in der Regel nicht durchgangsverdrahtet werden und müssen darum jeweils eine begleitende Box zur Kabelführung bekommen«, meint Projektleiter Thomas Hollubarsch. Und das beeinträchtige die Ästhetik. Für Fellbach wünschte er sich darum eine filigrane Lösung ohne störendes technisches Beiwerk. Auch was die Gestalt betraf, hatte Thomas Hollubarsch eine klare Vorstellung: »Eine Leuchte wie Wassertropfen, die an einem Faden hängen«. Der Markt gebe für diese Fälle wenig her, es musste also eine individuelle Konstruktion werden. Der Lichtplaner hat schließlich in der Manufaktur Bergmeister Leuchten einen Partner gefunden, der individuelle Leuchten in kleinerer Stückzahl umsetzen und die Idee einer filigranen Seilleuchte fertig entwickeln kann, »bis zur letzten Dichtung und zur letzten Schraube.«
In Einheit mit dem Seil
Das Team von Bergmeister Leuchten konstruierte nach dem Vorschlag von Thomas Hollubarsch die Seilleuchte Fellbach, die sich unten mit einem Radius von 30° öffnet. Ihre charakteristische Eigenschaft: Es stören keine technischen Zusatzkonstruktionen. Mit 600 mm Länge und 160 mm Breite ist die Leuchte Fellbach schlank und zierlich. Über den Korpus wurde ein gekantetes Abdeckblech gelegt und seitlich verschraubt, das Seil führt hindurch. Am Ende sieht die Leuchte aus, als habe man sie in einem Stück gegossen. Mit dem Seil bildet sie eine Einheit.
Die filigrane Lösung für eine komplexe Aufgabe
22 dieser Leuchten begleiten die Hauptachsen der Verkehrswege in einer strengen Anordnung, sie sitzen nahe der Kreuzungspunkte von Mittelfaden und seitlichen Abspannungen. Über den Plätzen kam ein zweites Modell aus der Manufaktur Bergmeister zum Einsatz: die kleine, zylindrische Leuchte »CANNA SL 100«. Anders als beim Modell Fellbach hat man hier die Lichtpunkte in den Seilnetzen frei und wie zufällig gestreut. Und auch bei dieser Leuchte wurden alle notwendigen technischen Details integriert: LED-Modul, Vorschaltgerät, Durchgangsverdrahtung. »Man benötigt bei den Modellen CANNA SL und Fellbach nur ein einziges Kabel, auch, wenn mehrere Leuchten hintereinander hängen«, sagt Simon Hochreiter, einer der Geschäftsführer bei Bergmeister Leuchten. Die Besonderheit dabei sei, erklärt Simon Hochreiter, dass die Leuchte trotz ihres Innenlebens sehr filigran gelöst werden konnte.
Flexibilität durch Optiken und Blenden
Die Leuchte Fellbach strahlt mit einem Lichtstrom von etwa 2.100 Lumen, die Leuchte »CANNA SL 100« mit einem Lichtstrom von etwa 600 Lumen. Bestückt wurden beide Modelle mit einer insektenfreundlichen Lichttemperatur von 3.000 Kelvin, optional wären auch LED-Module mit einer Lichtfarbe von 1.800 bis 2.200 Kelvin möglich. Die Variante mit 1.800 Kelvin hat Bergmeister Leuchten übrigens 2021 im Rahmen der LICHTWOCHE München zusammen mit dem japanischen LED-Hersteller Nichia erstmals vorgestellt – »und das mit einer guten Farbwiedergabe«, so Simon Hochreiter.
LED-Technik ist Standard, ebenso die Dimmbarkeit der Leuchten. Einige Aspekte jedoch sind besonders und damit erwähnenswert: Die LED-Module aus dem Haus Bergmeister können mit unterschiedlichen Optiken und Lichtverteilungen flexibel auf Bedürfnisse angepasst werden. Ein und dieselbe Leuchte kann dadurch sowohl parallel wie auch asymmetrisch abstrahlen. Blenden reduzieren unerwünschtes Streulicht. Durch unterschiedliche Linsen kann die Leuchte den verschiedenen Straßengeometrien angepasst werden. Das kommt dann zum Tragen, wenn die Seile nicht gleichmäßig verlaufen.


Weitere Informationen:
Projekt: Fellbach (bei Stuttgart) – Wüst-Areal
Projektjahr: 2021
Bauherrin: SWF Stadtwerke Fellbach GmbH, Fellbach
Lichtplanung: Belzner Holmes Light-Design, Stuttgart, www.light-design.com, Projektleiter: Thomas Hollubarsch
Leuchten: Bergmeister Leuchten, Frauenneuharting, www.bergmeister-leuchten.de
Autorin: Maria Weininger
Fotos: Boris Storz