Planung
Licht 9 | 2022

Visuelle Erhöhung

Leuchtensanierung in der Kirche St. Georg, Hildesheim

Licht in sakralen Bauten dient nicht nur rein funktionalen Zwecken, sondern allen voran der atmosphärischen Wirkung. Die Beleuchtung in der Kirche St. Georg in Hildesheim kam in die Jahre, fiel teilweise aus und war den Gemeindemitgliedern zu dunkel. Nach der Sanierung der Beleuchtung kommen nun Materialität, Struktur und Farbigkeit der Oberflächen stärker zur Geltung, auch die Raumwahrnehmung wurde deutlich verbessert.

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Abb.: Die neue Beleuchtung in der Itzumer Kirche St. Georg macht den Kirchenraum erlebbar und erfüllt gleichzeitig alle Anforderungen an die Sehaufgaben, wie das Lesen von Gesangsbüchern. Henning Stauch

Die römisch-katholische Kirche St. Georg befindet sich in Itzum, einem Stadtteil von Hildesheim. Die jetzige Saalkirche stammt aus dem Jahr 1821 und wurde 1896 um den quadratischen Glockenturm erweitert. Die verbaute Kunstlichtbeleuchtung ist mit der Zeit in die Jahre gekommen. So sind Teile der Beleuchtung immer wieder ausgefallen. Es klagten daraufhin immer mehr Gemeindemitglieder, dass die Beleuchtung zu dunkel sei. So entschied man sich 2019, die Beleuchtung zu sanieren.

Abb.: Linienförmige Wandleuchte betonen durch ihr Streiflicht die Wände und wecken Assoziationen an die aufstrebende Gestik eines Kirchenschiffes. Henning Stauch
Abb.: Eine geschickt versteckte Voutenbeleuchtung und ein gerichteter Anteil aus den Pendelleuchten nach oben, lassen die Decke in neuem Licht erstrahlen und die Raumhöhe größer erscheinen. Henning Stauch

Licht zum Sehen – Licht zum Erleben

Neben Licht zum eigentlichen Sehen wird Licht in religiösen Bauten vor allem zur Erzeugung einer sakralen und andächtigen Atmosphäre benötigt. Der architektonische Raum muss zudem einfach erfahr- und lesbar sein. So wurde in der Itzumer Kirche St. Georg eine neue Beleuchtungsanlage geschaffen, die den Kirchenraum erlebbar macht und gleichzeitig alle Anforderungen an die Sehaufgaben, wie das Lesen von Gesangsbüchern oder das Erkennen von Mimik und Gestik von Vortragenden, gewährleistet.

Besonderes Augenmerk wurde auf die Decke des Kirchenschiffes gelegt. Die alte Beleuchtung vermochte es nicht, die aufwendig bemalte Decke in die Wahrnehmung des Betrachters zu rücken. Eine geschickt versteckte Voutenbeleuchtung und ein gerichteter Anteil aus den Pendelleuchten nach oben, lassen die Decke in neuem Licht erstrahlen und die Raumhöhe größer erscheinen.

Abb.: Das diffuse Licht lässt den hinterleuchteten Tabernakel von der Wand abheben und förmlich im Raum schweben. Die dadurch entstehenden Schatten gleichen Engelsflügeln. Henning Stauch
Abb.: Drei unterschiedliche, voneinander unabhängig steuerbare Lichtmodule sind in der Leuchte vereint: eine Indirektkomponente zur Deckenaufhellung, eine Diffuslichtquelle für Raumlicht und eine nach unten gerichtete Komponente für angenehmes Lesen. Henning Stauch

Multifunktionale Lichtwerkzeuge

Die installierten Pendelleuchten fungieren dabei als ein multifunktionales Lichtwerkzeug. Drei unterschiedliche, voneinander unabhängig steuerbare Lichtmodule sind in der Leuchte vereint und erhellen den Kirchenraum optimal. Dazu zählen neben der Indirektkomponente zur Deckenaufhellung eine Diffuslichtquelle, die Raumlicht generiert und eine nach unten gerichtete Komponente, welche ein angenehmes Lesen in den Sitzreihen ermöglicht.

Neben einer gerichteten Beleuchtung für den Altarraum in Form von Stromschienenstrahlern, stellt der hinterleuchtete Tabernakel einen weiteren Blickfang in der Gestaltung dar. Durch diffuse Leuchten hebt sich der Tabernakel von der Wand ab und schwebt förmlich im Raum. Unterstützt wird dieses Bild durch Schatten, die Engelsflügeln gleichen. Abgerundet wird das Konzept durch linienförmige Wandleuchten, die durch Streiflicht die Wände des Kirchenschiffes inszenieren und mit ihrer Bauform die aufstrebende Gestik des Kirchenschiffes unterstützen.

Alle verplanten Leuchten sind Dali-dimmbar. Dadurch lassen sich eine Vielzahl an Lichtszenen realisieren, die abgestimmt auf die jeweilige Nutzung, maßgeschneiderte Lichtlösungen für die Gemeinde bieten.

Im Vergleich zur alten Gestaltung wirkt der Innenraum der St. Georg Kirche nun deutlich heller. Der Kirchenraum wird visuell erhöht. Dadurch öffnet sich die Kirche nach oben, was die Symbolik des »Erhabenen und Göttlichen« widerspiegelt. Materialität, Struktur und Farbigkeit der einzelnen Oberflächen treten nun viel deutlicher hervor. Zusätzlich findet durch die Leuchtenauswahl und Positionierung eine verbesserte Raumwahrnehmung statt, die sich zum einen durch Gleichmäßigkeiten und zum anderen in Kontrasten in Form von Leuchtdichteunterschieden ausdrückt. Dadurch wirkt der Raum wesentlich natürlicher.

Abb.: Die vorherige Beleuchtungssituation wirkte zu dunkel und hatte keinerlei Bezug zum Raum. Die Farben an der Decke kamen überhaupt nicht zur Geltung. Henning Stauch

Weitere Informationen:

Fertigstellung: 2021

Architektur: Architekt Erdmann R. Roehl, Hildesheim, www.architekt-roehl.de

Lichtplanung: Studio DL, Hannover I Stuttgart I Warschau I Amsterdam, www.studiodl.com

Textquelle: Studio DL

Fotos: Henning Stauch

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