Tageslichtforschung im Zentrum der Hauptstadt
Das Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Berlin betreibt seit über 20 Jahren eine Messstation speziell für Tageslicht. Diese wurde durch verschiedene Forschungsprojekte unter Führung von Herrn Prof. Kaase und anschließend Frau Dr. Knoop beständig erweitert und gehört mittlerweile zu einer der fortschrittlichsten der Welt. Dabei ermöglicht gerade die Aufnahme von räumlich- und spektral aufgelösten Messdaten eine genaue Untersuchung und Charakterisierung des Tageslichts in Berlin.

Abb. 1: Der Tageslichtmessplatz am Fachgebiet Lichttechnik der TU Berlin ist umgebaut und erweitert worden. Jetzt werden noch mehr Messwerte erfasst.
1 Einleitung
Im Rahmen des Forschungsvorhabens »Tageslichtnutzung in Gebäuden I« wurde am Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Berlin im Jahr 1997 ein Messplatz zur Bestimmung verschiedener Tageslichtparameter aufgebaut. Der Messplatz wurde seitdem stetig erweitert und umgestaltet. Seit 2006 werden alle Messdaten über ein Software-Tool erfasst und verarbeitet, wodurch sie deutlich einfacher ausgewertet werden können. Im Jahr 2010 präsentierte ein Artikel in der Zeitschrift »Tageslicht« [2] die ersten Auswertungen der Messdaten der Jahre 2007 und 2008. Im Oktober 2014 wurde der Tageslichtmessplatz durch einen spektralen Sky-Scanner erweitert, wodurch automatisiert spektral- und richtungsaufgelöste Messungen ermöglicht werden. In den letzten Jahren wurden, bedingt durch Änderungen von Sicherheitsvorschriften, weitere bauliche Veränderungen am Tageslichtmessplatz vorgenommen. Diese sind nun abgeschlossen und im Folgenden werden der neugestaltete Tageslichtmessplatz sowie Erkenntnisse aus den bisher gewonnenen spektralen Messdaten vorgestellt.
2 Der aktualisierte Tageslichtmessplatz
Alle Messgeräte des Tageslichtmessplatzes wurden im Zuge der geänderten Sicherheitsvorschriften auf ein gemeinsames Grundgerüst aufgebaut. Neben einer neuen Leitungsführung zur Messwarte – einem Innenraum mit Auswertelektronik – erfolgten weitere Anpassungen in Auswertung und Ausstattung. Zu jeder Messung wird nun beispielsweise ein Fish-Eye Foto des Himmels gespeichert und auf der Website des Fachgebietes Lichttechnik kann ein Livestream des Tageslichtmessplatzes aufgerufen werden1). Die größte Neuerung stellt jedoch der spektrale Sky-Scanner dar, welcher spektral- und richtungsaufgelöste Messungen ermöglicht. Weltweit gibt es nur eine Handvoll Messsysteme dieser Art (Bratislava (Slovakei), Beijing (China), Hannover (Deutschland) und Kyoto (Japan)).
1) Livestream: http://mobotix.li.tu-berlin.de/cgi-bin/faststream.jpg
Die Tabelle 1 listet alle dauerhaft, auf dem Tageslichtmessplatz der TU Berlin verwendeten Messgeräte auf.
Messgerät |
Hersteller |
Abbildung |
Messgrößen |
|
Pyranometer |
Kipp & Zonen |
Ee,g |
Globalbestrahlungsstärke |
|
Pyrheliometer |
Kipp & Zonen |
Ee,L |
Direkte Bestrahlungsstärke durch die Sonne auf eine Normalfläche |
|
Tageslichtmesskopf |
PRC Krochmann |
Eh Ev,Nord Ev,Nord Ev,Ost Ev,Süd Ev,West |
Horizontale und vertikale Beleuchtungsstärken in alle Haupthimmelsrichtungen |
|
Spektraler Sky-Scanner |
Czibula & Grundmann |
Le,λ,1…145 |
Spektrale Strahldichte in 145 verschiedene Richtungen [4], spektrale Bandbreite von 360 nm bis 970 nm |
3 Der Bedarf für spektral- und richtungsaufgelöste Messungen
Um ein besseres Verständnis für die visuellen und nicht-visuelle Effekte von Tageslicht in Innenräumen zu erlangen, ist es erforderlich, die vorherrschende Himmelsbedingung lichttechnisch vollständig zu beschreiben. In der Regel wird das Tageslicht in der Planung mit der Lichtfarbe D65 definiert, obwohl Untersuchungen gezeigt haben, dass die Verteilung der ähnlichsten Farbtemperatur zwischen verschiedenen Himmelsbereichen stark variieren kann [1]. Um die verschiedenen spektralen Gewichtungsfunktionen für visuelle und nicht-visuelle Effekte von Licht zu berücksichtigen, muss daher die tatsächliche spektrale Strahlungsleistung des Tageslichts im Bereich von 380 nm bis 780 nm betrachtet werden. Für eine genaue Charakterisierung sind darüber hinaus richtungsabhängige ortsaufgelöste, spektrale Messungen erforderlich. Dabei ist hervorzuheben, dass für die Erforschung nicht-visueller Wirkungen durch Tageslicht, die spektrale und räumliche Verteilung nicht, wie in [3] beschrieben, zeitlich oder räumlich getrennt voneinander bestimmt werden kann.
4 Der spektrale Sky-Scanner im Detail
Die spektralen Messungen auf dem Tageslichtmessplatz werden mit einem Array-Spektroradiometer (Zeiss Multi-Channel-Spektrometer MCS-CCD mit einem Hamamatsu back-thinned CCD-Sensor), mit einer spektralen Auflösung von circa 0,8 nm zwischen 280 nm und 980 nm durchgeführt. Genutzt wird der spektrale Bereich von 360 nm bis 970 nm in 1 nm Schritten, welcher zunächst im Labor überprüft wurde. Die Eingangsoptik verfügt über einen Öffnungswinkel von 10° oder 0,0239 sr. Das Array-Spektroradiometer erfasst die spektrale Bestrahlungsstärke Ee,λ,10°, welche zur Bestimmung der spektralen Strahldichte genutzt wird. Um das Messgerät unter konstanten Temperaturbedingungen zu betreiben, ist es in einem temperaturgeregelten Gehäuse verbaut. Der Sky‑Scanner basiert auf einem Zwei-Achsen-Goniometer und kann sich 180° um die vertikale Achse sowie ± 90° um die horizontale Achse drehen. Die Bewegung um die horizontale Achse wird durch einen schwenkbaren Spiegel vor der Eingangsoptik realisiert, während die 180°-Bewegung durch eine Rotation des Gerätekopfes erfolgt. Die 145 Himmelsbereiche nach [4] werden innerhalb einer Minute vermessen, mit einer längeren Messdauer während der Dämmerung.
5 Die Vielseitigkeit des Tageslichts
Die Normlichtart D65 wird von der internationalen Beleuchtungskommission (CIE) in ihrem technischen Bericht CIE 15 Colorimetry [5] als Referenzstandard für Tageslicht empfohlen. In der Planung und bei der Berechnung von Tageslicht in Gebäuden wird daher regelmäßig diese Normlichtart verwendet. Da Tageslicht eine starke Varianz aufweisen kann, soll im Weiteren anhand eines Beispieldatensatzes der Unterschied zwischen Normlichtart und Realität objektiv veranschaulicht werden.
In Abb. 1 dargestellt ist der Himmel über dem Tageslichtmessplatz im Tagesverlauf des 22. Februar 2019. Anhand der einzelnen Fotos wird deutlich, dass das Tageslicht innerhalb kurzer Zeit extrem variieren kann. Dies wird besonders deutlich im Zeitabschnitt von 7:30 Uhr bis 10:00 Uhr, bei dem der Zustand des Himmels zwischen vollständig bewölktem, teilweise bewölktem und klarem Himmel wechselt.

Zwei exemplarische Zeitpunkte des Tagesverlaufes werden in Abb. 2 bis Abb. 4 genauer betrachtet: um 9:42 Uhr Ortszeit (MEZ) ist der Himmel vollständig bewölkt und um 15:02 Uhr nahezu klar. Während der bewölkte Himmel eine nahezu homogene ähnlichste Farbtemperatur von im Mittel 6.400 K vorweist, ist die Varianz der ähnlichsten Farbtemperatur bei klarem Himmel deutlich höher und reicht von 5.400 K bis über 33.000 K. In Abb. 3 sind die Leuchtdichteverteilung und in Abb. 4 der Verlauf der ähnlichsten Farbtemperatur beider Zeitpunktedargestellt.

2) Zum besseren Abgleich zwischen Messdaten und Foto des Himmels, wurden die Fotos gespiegelt dargestellt. Hier entsprechen also oben/rechts/unten/links den Haupthimmelsrichtungen Norden/Osten/Süden/Westen.2)
3) fehlt


6 Ausblick
Da die Fülle an über 200.000 Messdatensätzen des spektralen Sky-Scanners allein aus den Jahren 2015 und 2016 ohne ein Datenbanksystem kaum zu bewältigen ist, wurde eine Datenbank aufgesetzt und verschiedene Software-Tools zur Auswertung wurden entwickelt. Beispieldatensätze für einen vollständig bewölkten sowie einen klaren Tag können über die Website des Fachgebiets Lichttechnik der Technischen Universität Berlin angefragt werden 4).
4) Anfrage des Beispieldatensatzes: https://www.li.tu-berlin.de/menue/equipment/dms/indoor_daylight
5) Aktuelle Forschungsthemen: https://www.li.tu-berlin.de/menue/forschung/forschungsprojekte
Derzeit wird an der Integration aller vor Ort erhobener Messwerte in diese Datenbank gearbeitet. Durch die Verknüpfung der bestehenden Messdaten und die Entwicklung verschiedener Tools kann das Tageslicht sehr effizient untersucht werden. In Kooperation mit anderen Messinstituten sollen zukünftig auch externe Daten aufgenommen und ausgewertet werden, was Rückschlüsse auf geographische Abhängigkeiten des Tageslichts erlaubt. Aktuell wird am Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Berlin an unterschiedlichen Forschungsthemen 5) zum Thema Tageslicht gearbeitet, welche in Zukunft hier ebenfalls vorgestellt werden sollen.
7 Literatur
[1] Diakite, A.K.; Knoop, M: A Data-Driven Colorimetric Analysis of the CIE Standard General Skies. In: Proceedings of CIE 2019, DOI: 10.25039/x46.2019.OP49
[2] Gramm, S.; Aydinli, S.; Kaase, H.: Eine solide Datenbasis für die Forschung: Der Tageslichtmessplatz am Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Berlin, In: Tageslicht 62(1):30, 2010
[3] Knoop, M.; Broszio, K.; Diakite, A.; Liedtke, C.; Niedling, M.; Rothert, I.; Rudawski, F.; Weber, N.: Methods to describe and measure lighting conditions in experiments on non-image-forming aspects, In: LEUKOS, 15(2-3):163-179, 2019, DOI: 10.1080/15502724.2018.1518716
[4] Tregenza, P.R.: Subdivision of the sky hemisphere for luminance measurement,. In: Lighting Research and Technology, 19(1):13–14, 1987
[5] Internationale Beleuchtungskommisssion (CIE), Technical report – Colorimetry (CIE 15:2018), 4. Edition, ISBN: 978-3-902842-13-8. DOI: 10.25039/TR.015.2018
Weitere Informationen:
Autoren: Titel?? Nils Weber, Titel??? Frederic Rudawski, Titel??? Martine Knoop, Fachgebiet Lichttechnik, TU Berlin, www.li.tu-berlin.de
Fotos & Abbildungen: Fachgebiet Lichttechnik, TU Berlin



