Licht für die »Alte Mälzerei«
Die sanierte »Alte Mälzerei« im Berliner Stadtteil Lichtenrade bietet 3100 Quadratmeter Fläche, die vielfältig genutzt wird. Das umfasst Räume für eine Musik- und die Volkshochschule, eine Stadtbibliothek mit Café sowie ein Kindermuseum. Das Lichtkonzept musste an die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzer und an die vorhandene Architektur angepasst werden. Das Büro Konzeptlicht aus Berlin erstellte dafür die Lichtplanung.

Das Sanierungsprojekt des Industriedenkmals »Alte Mälzerei« aus dem Jahr 1898 wurde von UTB Projektmanagement GmbH aus Berlin entwickelt, das Berliner Büro ff-Architekten war für die Mietflächen Tempelhof-Schöneberg zuständig. Das imposante Gebäude bildet das Zentrum und kulturellen Anlaufpunkt des Lichtenrader Reviers, das sich mit seinem vielseitigen Angebot als neuer, bunter Wohn- und Lebensraum im Berliner Süden etablieren soll. Das Bezirksamt Berlin Tempelhof-Schöneberg ist Mieter und Auftraggeber des Objekts.




Gelber Solitär: die Treppe
Konzeptlicht lighting solutions GmbH übernahm die Lichtplanung; die Beleuchtung sollte sich vor allem im Gesamteindruck als einheitlich darstellen, um die verschiedenen Bereiche optisch miteinander zu verknüpfen und gleichzeitig den individuellen Anforderungen aller Nutzer zu entsprechen.
»Die Konstruktion aus Stahlstützen zieht sich durch alle Gebäudeteile, sie gibt das Hauptraster vor, an dem wir uns mit dem Licht orientiert haben«, erklärt Gregor Sgonina, Gründer des Lichtplanungsbüros Konzeptlicht. »Die Stahlträger bilden das Skelett des Bauwerks.« Der industrielle Charakter sollte erhalten bleiben, so wurden die bestehenden Oberflächen größtenteils nur gereinigt. Auch sämtliche Gebäudetechnik wurde sichtbar an den Bestandsdecken montiert. Als verbindendes Element zwischen dem Erd- und ersten Obergeschoss entwarfen ff-Architekten eine Treppe mit Empore und Podesten. Dieses in leuchtendem Gelb abgesetzte, raumgreifende Element liefert der Edith-Stein-Bibliothek neue Nutzungsmöglichkeiten: Plätze zum Lesen und Verweilen, für Lesungen und andere Veranstaltungen. »Die als gelber Solitär neu eingebrachte Struktur sollte innerhalb des historischen Ambientes erstrahlen. Das hervorzuheben, war von Anfang an unsere Intention«, so Gregor Sgonina.



Lineare Leuchten als Formensprache
Konzeptlicht hat lineare Pendelleuchten über dem Luftraum angeordnet, um die Gliederung des Raumes zu verdeutlichen. Sie folgen dem Rhythmus der Stahlträger und somit der Struktur, die die »Alte Mälzerei« vorgibt. Die linearen Leuchten sind teils abgependelt, teils zwischen den Stahlträgern montiert. Die Unterkante der Träger definiert dabei immer die Installationshöhe der Linearleuchten. Diese besitzen ein relativ breites Profil mit einer mikroprismatischen Abdeckung. Das Lichtplanungsbüro hat sie ausgewählt, um mit der breiteren Lichtaustrittsfläche eine mögliche Blendung zu verringern und den Sehkomfort zu erhöhen. Sie sorgen für eine optimale Ausleuchtung der Regale und Lesebereiche und werden je nach Einsatzort auch farblich angepasst, in Schwarz oder Gelb. Zur leichteren Orientierung markieren abgependelte, runde Flächenleuchten das Café und den Kinderbereich, ergänzt durch zylindrische, schwarze Strahler, die an Stromschienen verlaufen.
Sonderlösungen für hellere Flure
Das erste und zweite Obergeschoss nutzt hauptsächlich die Albert-Einstein-Volkshochschule. Der Empfangsbereich ist dort in Orange farblich hervorgehoben. Nach oben hin werden die Räume niedriger, die massiven Stahlträger prägen auch hier die Seminarräume. Dort wird das Konzept der linearen Leuchten fortgeführt, sie sind an den Fensterachsen ausgerichtet. Die Abhanghöhe gibt wieder die Unterkante der Stahlträger vor. Um für die Lauffläche mehr Helligkeit zu gewinnen, wurden die Wände zu den Fluren durch Profilglaselemente geöffnet. So gelangt zum einen Tageslicht nach innen, zum anderen auch Kunstlicht aus den Schulungszimmern in die Flure. Ein besonderes Detail bilden die vertikalen Profilleuchten, von denen jeweils eine neben den Türen eingebaut wurde. Sie zeichnen sich durch eine extrem geringe Einbautiefe aus und verfügen über eine opale Abdeckung für eine homogene Lichtverteilung. »Von außen fällt durch die Verglasung das Tageslicht in den Innenraum, doch in den Abendstunden fällt das weg. Diesen fehlenden, diffusen Anteil ergänzen wir durch die vertikalen Einbauleuchten«, so Gregor Sgonina.
Innerhalb der Flure verlaufen Holzbalkendecken. »Wir wussten: wir brauchen hier ein direktes, flexibel einsetzbares Licht«, beschreibt der Lichtplaner. »Die Balken haben zwar ein strenges Raster, doch sie sind nicht ganz einheitlich. Daraus ist die Idee entstanden, einen Strahler einzusetzen, der sich überall verlässlich montieren lässt, auch wenn Lüftungskanäle oder Sprinkleranlagen den Rhythmus unterbrechen. Dafür haben wir eine Sonderleuchte entworfen, die seitlich an den Balken montiert wird und über einen dreh- und schwenkbaren Strahlerkopf verfügt. Oft gab es Kollisionen mit den Installationen anderer Gewerke, das war eine große Herausforderung in diesem Projekt. Doch mit diesen Strahlern konnten wir flexibel reagieren, das hat uns sehr geholfen.«


Anwenderfreundlich gesteuert
Alle Leuchten im Projekt sind DALI-dimmbar und auf die jeweilige Nutzung abgestimmt. »Gemeinsam mit den Betreibern haben wir drei Grundszenen definiert: eine für den Tagesbetrieb und zwei für Veranstaltungen, z. B. Lesungen. Wir haben die Leuchten in funktionale Gruppen eingeteilt, etwa Empore, Wege, Regale oder Lesebeleuchtung. Sie sind alle einzeln ansteuerbar«, sagt Gregor Sgonina. In Abstimmung mit den Nutzern wurden die Beleuchtungsstärken einzeln und situativ auf die Begebenheiten angepasst.
Am Eingang jedes Raumes befindet sich ein Wandtaster, mit dem das Putzlicht aktiviert werden kann. Ansonsten ist die Steuerung über Tableaus abrufbar. Ist diese aktiviert, sind die Wandtaster gesperrt. Das Licht ist dimmbar, wenn z. B. während der Kurse Bilder oder Folien gezeigt werden.
Bei der Farbtemperatur baut Gregor Sgonina auf eine bestimmte Kombination: für direkt strahlende Leuchten verwendet er 3.000 K, in der »Alten Mälzerei« sind das die Sonderleuchten und Strahler an den Stromschienen. Das diffuse Licht der linearen Pendelleuchten an der Decke und der vertikalen Einbauleuchten neben den Türen liegen bei 4.000 K. So wird ein lebendigerer Gesamteindruck erreicht.
In diesem Projekt waren mehrere Planer und Architekten involviert, das erforderte eine intensive Absprache. Auch um einen Partner für die Elektroplanung musste sich Konzeptlicht selber kümmern. Das alles erforderte häufige Präsenz auf der Baustelle. Doch das Engagement hat sich gelohnt: die »Alte Mälzerei« gewann den diesjährigen Deutschen Lichtdesign-Preis in der Kategorie Bildung.
Weitere Informationen:
Bauherr: Bezirksamt Berlin Schöneberg-Tempelhof
Architekt: ff-Architekten PartG mbB, Berlin, www.ff-architekten.de
Lichtplanung: Konzeptlicht lighting solutions GmbH, Berlin, www.konzeptlicht.de
Elektroplanung: Ingenieurbüro Trockel, Berlin, www.ib-trockel.de
Deutscher Lichtdesign-Preis: www.lichtdesign-preis.de
Fotos: Andreas Meichsner
Autorin: Andrea Mende, freie Redakteurin, www.glowmymind.com