Leuchtende Krone
Über den Dächern Münchens wird seit gut zwei Jahren gebolzt, gespielt und Sport getrieben. Um genau zu sein – auf dem Dachsportplatz des Bellevue di Monaco. Mit dem gemeinnützigen Projekt entstand ein interkultureller Ort des Austausches für Migranten und Einheimische. Der Sportplatz setzt nach Einbruch der Dunkelheit ein leuchtendes Signal in die Stadt.

Das Münchner Glockenbachviertel hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren immer mehr zu einem Ort der Spekulanten und des global agierenden Immobilien- und Finanzmarktes entwickelt. In der Folge wurde das beliebte Viertel zum Synonym für Gentrifizierung. Mit dem Projekt Bellevue di Monaco wollte man einen Kontrapunkt setzen. Aus der Protestbewegung formierte sich eine gemeinnützige Genossenschaft, mit dem Ziel, drei in der Müllerstraße vor dem Abriss bedrohte Gebäude in ein Wohn-, Begegnungs- und Kulturzentrum zu verwandeln. Wichtige Elemente für einen lebendigen Stadtraum, wie Räume der interkulturellen Begegnung zwischen Migranten und Einheimischen, die sonst an den Stadtrand gedrängt würden, galt es, in der Nachbarschaft zu verankern. Entstanden ist ein besonderer Ort des Austausches zwischen Bürgern, Nachbarn und Geflüchteten. Vierzig Menschen, vor allem junge Geflüchtete und Familien, konnten die Wohnungen beziehen. Angeboten wird ein großes Programm für Menschen, die neu in München sind – von der Rechtsberatung über Workshops bis hin zu Sprachwerkstätten. Im EG befindet sich das Bellevue Café, ein interaktiver Ort ausgestattet mit Möbeln, die von Studenten und Geflüchteten entworfen wurden.
Das Konzept des Wohn- und Kulturzentrums entwickelte hirner & riehl architekten und stadtplaner im Dialog mit den Nutzern, deren Genossenschaft »Bellevue di Monaco« zu dieser Zeit im Aufbau war. Die Möglichkeiten und Qualitäten des Bestands zu sichern, zu entwickeln und Ressourcen zu schonen, war ihr architektonisches Ziel. Bei der Umsetzung gewannen hirner & riehl ortsansässige Handwerksfirmen für die Idee, Geflüchtete während des Sanierungsprozesses für eine Ausbildung zu qualifizieren. Das Vorgefundene wurde erhalten und ergänzt, in die Reparatur bestehender Bauteile Arbeitszeit investiert, statt neue Bauprodukte zu verwenden. Projektleiter Matthias Marschner hierzu: »Die Umsetzung des Projektes war sehr komplex. Mit der Sanierung der Häuser war unsere Zielsetzung verbunden, möglichst viel Bausubstanz, Haustechnik, Türen und Fenster zu erhalten. Und in deren Reparatur zu investieren, eher in die Arbeitskraft, statt in das Material. Auf diese Weise eröffnete das Projekt Beschäftigung und Qualifikation für Geflüchtete.«



Strahlender Abschluss
Als krönender Abschluss eröffnete Ende 2020 auf dem sechsgeschossigen Wohnturm der Dachsportplatz. Auf dem höchsten Sportplatz Münchens, dem Kurt-Landauer-Platz, wird nun Fußball oder Basketball gespielt. Die goldene Krone soll als ein symbolisches Ausrufezeichen in der Stadt weit sichtbar auf das Projekt aufmerksam machen. Das Sportprojekt unterstützt die interkulturelle und integrative Initiative »Bunt kickt gut« und schafft dadurch aktive Partizipation in der Stadtgesellschaft. Es geht ein Impuls in die Gesellschaft aus, der sicherlich noch viele weitere Konzepte für vergleichbare Initiativen entstehen lässt.
Das Lichtplanungsbüro Beckert & Soanca-Pollack wurde von den Architekten im Zuge des Umbaus und der Sanierung des Wohn- und Geschäftshauses eingeladen, den Dachsportplatz zu beleuchten. Im Fokus des Entwurfs stand neben einer guten Beleuchtung des Trainingsplatzes, die außergewöhnliche Wirkung des Ortes im Stadtraum herauszustellen. Dabei nahmen die Planer Bezug auf die Form und die Konstruktion des Draht-Pavillons. Dieser besteht aus Stahlrahmen mit seitlich und horizontal verlaufenden Querversteifungen. Zusammen mit dem Drahtnetz bilden sie eine grafische Struktur. Im Dachbereich sind in den Querversteifungen auf der ganzen Länge schlanke Lichtleisten montiert, diese betonen die Formensprache zusätzlich. Durch die tiefe Sicht aus dem Straßenraum nach oben entsteht eine perspektivisch eindrückliche Überlagerung der Lichtlinien. »Der Draht-Pavillon wirkt wie eine leuchtende Krone, er ist ein atmosphärisches Signal in die Umgebung und verweist durch seine Strahlkraft auf die Initiative und die Philosophie des Bellevue di Monaco«, meint Lichtplaner Ulrich Beckert.
Das Projekt »Bellevue di Monaco« wurde mit dem Preis für Baukultur der Metropolregion München »Orte für gutes Zusammenleben« ausgezeichnet.


Weitere Informationen:
Architektur: hirner & riehl architeken, München, www.hirnerundriehl.de
Lichtplanung: Beckert & Soanca-Pollack, München, www.beckertsoancapollack.de