Im freien Fluss
Ein Textilband, das Strom leitet, ein paar Lichtobjekte und ergänzende Accessoires: aus diesen Komponenten besteht Leuchtenserie »Plusminus«. Hört sich einfach an, doch das System, das so leicht erscheint, ist raffiniert aufgebaut und erforderte intensive Forschung.

Die Zusammenarbeit mit Pere Llonch, CEO und Inhaber des spanischen Leuchtenlabels Vibia, und dem Münchner Designer Stefan Diez begann vor ein paar Jahren mit der preisgekrönten Leuchte »Guise«. Ihr gemeinsames Folgeprojekt »Plusminus« startete im Jahr 2018, zur Euroluce im April 2019 wurde der Prototyp erfolgreich vorgestellt.
Außerhalb der Norm denken
Bei »Plusminus« ging es darum, Licht im Raum zu vereinfachen. Wie lässt sich Strom noch auf andere Weise leiten, wie Licht möglichst elegant überall in den Raum bringen, ohne von einer festgelegten Installation abhängig zu sein? Nach vielen Experimenten kam der Gedanke auf, Leuchten durch ein Textilband frei im Raum zu verlegen. Das müsste stromführend sein, was es in dieser Form nicht gab. Diez Office und Vibia holten sich Unterstützung beim Berliner Textile Prototyping Lab, ein Spezialist für High Tech-Textilien. So entstand ein ästhetisches Textilband, das tragfähig und stromleitend ist und an dem über ein Clip-Verbindungssystem die Leuchten angebracht und frei positioniert werden können. Mittlerweile wird es in Spanien hergestellt.
Ende Oktober 2021 wurde die ausgereifte Kollektion im Vibia-Showroom in Barcelona präsentiert. Stefan Diez und Pere Llonch beschrieben den Entstehungsprozess von »Plusminus«, der von einer engen und sehr guten Teamarbeit geprägt war – auch unter schwierigsten Lockdown-Bedingungen.


Ein System mit hohem Potential
»Plusminus« ist ein Toolkit für unterschiedlichste Beleuchtungslösungen – ob für professionelle architektonische Beleuchtung oder für die private Nutzung. Fünf Leuchtentypen stehen zur Wahl: eine Kugel- und Halbkugelleuchte, Pendelleuchte »Cone«, ein Strahler sowie lineare Leuchten in diversen Längen – als Allgemeinbeleuchtung oder für den Officebereich. »Auch die Elektronik ist modular aufgebaut. Die Basiselemente sind in jeder Leuchte enthalten, mit einem Chip, der sie steuert«, erklärt Stefan Diez im Interview vor Ort. Jedes Lichtobjekt lässt sich separat an- und ausschalten oder dimmen, die Farbtemperatur liegt zwischen 2.700 und 3.500 K. »Das ganze System lässt sich problemlos ausbauen und updaten, etwa mit Casambi oder DALI«, so der Designer.
Multidimensionales Licht
Um die ideale Lichtlösung zu finden, stellt Vibia einen Konfigurator bereit, der für jede individuelle Kombination alle nötigen Elemente automatisch zusammenstellt. 30 Programmierer haben etwa zwei Jahre daran gearbeitet. Auf diesem Baukastenprinzip basiert »Plusminus« – am Ende ein digitales Produkt. »Wir haben eine neue Sprache, eine Art Alphabet kreiert. Jetzt können wir loslegen zu schreiben. Viele Dinge sind jetzt schon möglich – aber wir arbeiten hier an einem Projekt, das wohl niemals wirklich fertig sein wird. Die Zukunft von ‚Plusminus‘ ist seine Weiterentwicklung «, so Stefan Diez.


Weitere Informationen:
Diez Office, www.diezoffice.com
Vibia, www.vibia.com
Textile Prototyping Lab, www.textileprototypinglab.com
Fotos: Vibia, Monika Höfler
Text und Interview: Andrea Mende, freie Redakteurin, Leipzig