Hoher Lichtschutzfaktor für Dürer
Ein hochempfindliches Kunstwerk darf pro Jahr maximal 15.000 Lux-Stunden lang beleuchtet werden. Dank einer Messung mittels »Quick BLE« von iGuzzini konnte eine Ausstellung wertvoller Grafiken von Albrecht Dürer um vier Monate verlängert und somit einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Neun Monate lang zeigte das Museum Palazzo Sturm in Bassano del Grappa seit April 2019 das grafische Werk Albrecht Dürers aus der Sammlung Remondini. Die Remondini hatten nicht nur 200 Jahre lang ein Druckerei-Imperium betrieben, sondern waren auch eifrige Kunstsammler, welche die besten Arbeiten der großen Meister der Gravierkunst in ihren Besitz brachten. Allein ihre Dürer-Sammlung umfasst 214 grafische Arbeiten und ist damit – neben den Werken des Nürnberger Meisters in der Albertina – die umfassendste weltweit.
Seit 2007 beherbergt der Mitte des 18. Jahrhunderts erbaute Palazzo Sturm, der dank einer Schenkung seit mehr als 70 Jahren der Gemeinde Bassano del Grappa gehört, neben einem Keramikmuseum auch das Museo della Stampa Remondini. Das Druckerei-Museum zeigt Exponate aus zweihundert Jahren Buch- und Bilddruck vom 17. bis zum 19. Jahrhundert.
Nach umfassender Renovierung des Palazzo wurde das Museum im Frühjahr 2019 wiedereröffnet und zeigte aus diesem Anlass auf zwei Etagen für temporäre Ausstellungen die komplette Dürer-Sammlung der Drucker-Dynastie. Unter den Exponaten finden sich die vollständigen Serien der Apokalypse, der Großen Passion, der Kleinen Passion und des Marienlebens sowie der berühmte Holzschnitt des Rhinocerus, den Dürer anhand einer Beschreibung und der Skizze eines unbekannten Künstlers angefertigt hat. Ein echtes Rhinocerus hatte der Künstler nie zu sehen bekommen.
Bei Kunstwerken zählt die gesamte absorbierte Strahlung
Das Beleuchtungskonzept für die fünf Säle im vierten Stock und für das Dachgeschoss mit seinen freiliegenden Holzbalken musste eine Reihe von Einschränkungen berücksichtigen. Unter anderem durfte die auf Standleuchten basierende Beleuchtungsanlage nicht verändert werden. Schon zu Beginn hatte Architekt Alessandro Pedron allerdings für die Ausstellung das Konzept von Horizontal-Vitrinen mit eigenem Beleuchtungssystem im Sinn.
Eine weitere Einschränkung bei der Beleuchtung boten konservatorische Gründe, denn bekanntlich können Kunstwerke durch schädliche Wellenlängen oder zu hohe Lichtintensitäten schwer beschädigt werden. Auf europäischer Ebene gibt der CEN/TS 16163 Standard (European Committee for Standardization (CEN): Conservation of Cultural Heritage – Guidelines and procedures for choosing appropriate lighting for indoor exhibitions) Empfehlungen für die Beleuchtungsstärke-Grenzwerte bei Kunstwerken.
Dabei werden mit einer Messlatte von unempfindlich bis hochempfindlich vier Kategorien unterschieden. Zeichnungen und Grafiken sind der hochempfindlichen Kategorie 4 mit einem Grenzwert von maximal 50 Lux zugeordnet. Des Weiteren ist die gesamte absorbierte Strahlung des Exponats zu beachten, da sich der photochemische Effekt kumulativ äußert. Für die Bewertung des Lichtflusses wird daher laut CEN/TS 16163 die jährliche Belichtungsmenge herangezogen. Bei Kunstwerken der Kategorie 4 soll diese pro Jahr nicht mehr als 15.000 Lux-Stunden betragen.
Vitrinen gewährleisten Unversehrtheit
Unter strikter Berücksichtigung dieser Vorgaben entwickelte Alessandro Pedron mit technischer Unterstützung von iGuzzini aus Stahlprofil und Glas eine Vitrine mit integriertem Ausleger. Mit einem auf 58 Prozent gedimmten integrierten Downlight (»Laser Blade XS«) für die direkte Illuminierung schwebt ein solcher Ausleger über jedem Exponat, das mit maximal 50 Lux beleuchtet wird. Zur Beleuchtung der Decke sind »Underscore 15«-Lichtlinien auf der Oberseite des Auslegers montiert. Das dadurch generierte indirekte Raumlicht, das auf 60 Prozent gedimmt und ständig aktiv ist, sorgt für die Erlebbarkeit der historischen, teils mit Deckenfresken versehenen Ausstellungsräume. Beide Leuchtentypen sind DALI-fähig und wurden mittels Smartphone über die »Quick BLE«-App von iGuzzini eingerichtet.
Um auch die kumulative Anstrahlung der wertvollen Kupfer- und Holzstiche Albrecht Dürers so niedrig wie möglich zu halten, wurde jede Vitrine mit einem BLE-DALI-Interface versehen, welches mittels Bluetooth mit einem in der jeweils ersten Vitrine eines Saales installierten BLE-Bewegungssensor verbunden ist. Damit ist gewährleistet, dass das Direktlicht ausschließlich bei Besucher-Präsenz aktiviert wird. Nähert sich ein Besucher der ersten Vitrine, werden sämtliche Schaukästen im Saal über einen kurzen Zeitraum erhellt. Zwei Minuten nach Verlassen des Raumes schaltet sich das Licht automatisch aus.
Der gesamte Betrieb der Beleuchtung wurde über den optionalen Cloud-Server des »Quick BLE«-Systems von iGuzzini aufgezeichnet. Eine Analyse der Daten in den ersten Wochen ergab, dass entgegen dem vermuteten Standard von zehn Betriebsstunden nur ein Bruchteil der pauschal veranlagten Belichtung zum Tragen kam. So konnte man sicher sein, dass die Ausstellung auch bei längerer Dauer nicht den kumulativen Grenzwert übersteigt und verlängerte sie von fünf auf neun Monate.

Weitere Informationen:
Projekt: Dürer-Ausstellung im Museum Palazzo Sturm in Bassano del Grappa
Leuchten und Sensoren: iGuzzini, Recanati (I), www.iguzzini.com/de
Architekt: Alessandro Pedron
Text: Petra Lasar
Fotos: iGuzzini