Technik
Licht 9 | 2021

High-End-Inspektion von Bauteilen

Qualitätskontrolle in der Produktentwicklung

Die Qualitätskontrolle von Produkten ist entscheidend für die Sicherheit der Benutzer. Mit innovativen Verfahren lassen sich bei Produktentwicklung und im gesamten Produktlebenszyklus qualitative Maßstäbe setzen. BJB setzt in der Produkt- und Werkzeugentwicklung sowie bei der Qualitätskontrolle modernste Simulations- und Messtechnik ein, um Produkte schneller und effizienter zu entwickeln und zu produzieren.

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Die Computertomographie (CT) ist aus der Medizin bekannt. Wie Patienten können auch Baustoffe innere Verletzungen haben, die für das Auge nicht sichtbar sind. Bauteilschäden beeinflussen die Funktionsfähigkeit von Produkten und müssen deshalb aufgedeckt werden. Die BJB-3D-Messtechnik nutzt dafür industrielle CT als zerstörungsfreie Methode zur Abbildung innerer Objektstrukturen mit einer Auflösung von Hunderten von Nanometern. Röntgenstrahlen durchdringen das Bauteil, das während der Untersuchung gedreht wird. Die Strahlen werden absorbiert und gestreut. Der Grad der Abschwächung hängt von der Stärke und Dichte des zu prüfenden Objekts ab. Für höchste Genauigkeit sorgt der Tomograph, indem er 3.500 Röntgenbilder auf einmal erzeugt.

Mit den Projektionen wird in einem gefilterten Rückprojektionsverfahren eine schichtweise Rekonstruktion der Röntgendichtewerte durchgeführt und ein 3D-Modell des Bauteils erzeugt, das als Basis für eine Qualitätsanalyse dient. Die Abweichung zwischen Ist- und CAD-Modell wird farblich dargestellt. Der Falschfarbenvergleich liefert vollumfänglich und kosteneffizient Informationen über die gesamte Bauteilgeometrie, für eine schnelle und effiziente Werkzeugoptimierung. Daraus entsteht ein kompletter Maßprüfbericht, der das Bauteil exakt, wiederholbar und transparent vermisst und qualifiziert.

Industrielle CT beschleunigt Optikentwicklung

Die Vorteile des Verfahrens lassen sich am Prozess der Optikentwicklung verdeutlichen. Zunächst wird die Optik in einem Simulationsprogramm entwickelt, um eine bestimmte Lichtverteilung zu erreichen. Nachdem die Lichtverteilungskurve und somit die Auslegung der Optik mit Hilfe eines Prototyps validiert wurde, beginnt die Konstruktion des Serienwerkzeugs. Sobald die ersten Muster aus dem Serienwerkzeug hergestellt wurden, erfolgt neben einer lichttechnischen auch eine CT-Messung. Sie zeigt bereits in diesem frühen Stadium im Vergleich zur ursprünglich entwickelten CAD-Geometrie mögliche Probleme im Fertigungsprozess beim Serienwerkzeug. So können Änderungen der Lichtverteilung im Vergleich zum Prototyp direkt auf mögliche, ungünstige Prozessparameter zurückgeführt werden.

Abb.: 1: Konstruierte Optik mit simulierter Lichtverteilungskurve BJB GmbH & Co. KG

Einfallstellen auf den Linsen oder falsche Positionen von Prägekernen beeinflussen die Lichtverteilung. Mithilfe der Ergebnisse des CT-Scans kann eine weitere Optik-Simulation durchgeführt und das Simulationsergebnis mit dem realen Messergebnis verglichen werden.
Abb.: Einfallstellen auf Linsen oder falsche Positionen von Prägekernen beeinflussen die Lichtverteilung. Mithilfe des CT-Scans können reale und simulierte Messergebnisse verglichen und Fehler behoben werden. BJB GmbH & Co. KG

Abb. 2: Simulation der ursprünglichen Optik mit Einfallstellen (vgl. Bild rechts) BJB GmbH & Co. KG
Abb. 3: Simulation der ursprünglichen Optik mit falscher Position der Prägekerne (vgl. Bild rechts) BJB GmbH & Co. KG

Kommt das Simulationsergebnis dem gemessenen Ergebnis nahe, sind die Fehler gefunden und müssen im Fertigungsprozess behoben werden. In diesem Iterationsschritt werden nun die Fertigungsparameter so lange geändert, bis das fertige Teil den am Anfang geforderten Kriterien entspricht und somit auch die Lichtverteilungskurve und die Halbwertswinkel den Ansprüchen genügen.

So kann der Entwicklungs- und Fertigungsprozess einer Optik mithilfe von CT-Scans verbessert werden. Durch das genaue Verständnis der geometrischen Abweichungen und deren Auswirkungen auf das Licht können produktionsbegleitende Messergebnisse beurteilt und Fertigungsparameter schnell angepasst werden. Man spart also Zeit und weiß direkt, welche Parameter wie geändert werden müssen.

Optische Modelle

Bei größeren Bauteilen und extrem dichten Materialien stoßen Röntgenstrahlen oft an ihre Grenzen. In diesem Fall lässt sich das Teilespektrum mit der Optischen 3D-Koordinatenmesstechnik erweitern. Pro Aufnahme liefern die Kameras innerhalb von Sekunden bis zu 12 Millionen Messpunkte des Bauteils. Dabei werden flächenhafte Datenmodelle der Prüflinge erzeugt. Die Spezialkamera erfasst kleinste Details und macht auch winzige Oberflächenfehler sichtbar.

Die Optische 3D-Koordinatenmesstechnik kommt bei der Vermessung und Bemusterung von Werkzeugteilen, Elektroden oder kompletten Werkzeugen zum Einsatz, etwa beim Kunststoffspritzgießen, der Stanz- und Biegeteilfertigung oder im Metalldruckguss und hilft, Fehler im Endprodukt bereits beim Werkzeugbau zu erkennen und zu vermeiden. Die Analyse erfolgt ähnlich wie beim CT-Scannen: Durch Kontrastfärbung werden die Unterschiede zwischen dem idealen CAD-Modell und dem realen Teil sichtbar. So lassen sich mechanische Mängel erkennen und Annahmen über die Kompatibilität mit anderen Teilen treffen. Im Ergebnis stehen umfassende Informationen über den Zustand des Prüfobjekts, einschließlich seiner Porositäts- und Lunker-Merkmale zur Verfügung.

Laser-Sintern

Der dritte Baustein der 3D-Messtechnik ist das Kunststoff-Laser-Sintern. Damit lassen sich Einzelteile oder Kleinserien in Polyamid, Polyamid flammgeschützt, glasfaserverstärkt oder auch mit aluminiumgefülltem Polyamid realisieren. Das Prinzip des Sinterns ist das schichtweise Verschmelzen von Kunststoffpulver mittels Lasererwärmung. In jeder Schicht wird der Querschnitt der Bauteile mit dem Laserstrahl so belichtet, dass die belichteten Stellen mit der darunterliegenden, bereits verfestigten Schicht verbunden werden. Damit lassen sich Prototypenteile sparsam anfertigen, da »echte« Werkzeuge nicht in Betrieb genommen werden müssen und somit die Werkzeuge vor vorzeitigem Verschleiß geschützt werden und die Serienproduktion durch Bemusterungen effizienter wird.

In der Produktion zählt heute nicht nur Geschwindigkeit, sondern es müssen auch hohe Standards erfüllt werden. Die BJB 3D-Messtechnik ermöglicht es, die Qualitätskontrolle von Produkten und Werkzeugen schon früh in der Produktentwicklung und Produktion zu optimieren und so eine hohe Bauteilqualität zu gewährleisten.

Weitere Informationen:

Autor: Dipl.-Ing. Daniel Tauber, Röntgen-Computertomographie, BJB GmbH & Co. KG, www.bjb.com

Abbildungen: BJB GmbH & Co. KG

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