Magazin
Licht 7 | 2019

Hellux mit Lunux in die Zukunft

Entstehung und Entwicklung der Firmen Franz R. Conrad, Hellux und Lunux

Conrad, Hellux und Lunux – diese drei Namen stehen für eine vielschichtige gemeinsame Historie, die 1891 beginnt. Geschichtliche Hintergründe und interessante Einblicke liefert unsere Autorin Dr. Sabine Röck.

Lesezeit: ca. 10 Minuten

Entstehungsgeschichte Franz R. Conrad

Die Firma LUNUX GmbH führt ihre Entstehung auf die Gründungen zweier Firmen für Licht und Beleuchtung zurück: 1891 gründet der Gürtlermeister Franz Rudolf Conrad (gest. 1935) in Berlin sein Unternehmen Franz R. Conrad, Fabrik für Beleuchtungsgegenstände (später Namenserweiterung: »Metallwaren« und »…zu elektrischem Licht und Gas«). Die steigende Nachfrage an elektrotechnischen Bedarfsartikeln sowie Metallwaren führt zur Einrichtung eines neuen großen Firmensitzes und einer Fabrik in Berlin-Kreuzberg für Beleuchtungskörper, Glas und Metallwaren. In der Glogauer Straße 19 A-B und 21 entstehen typische Gewerbehofanlagen. Die Bauten entstehen 1900-05 nach Entwürfen von Franz Dargatz und Paul Ueberholz. Kennzeichnend sind dabei die an der Blockkante stehenden Wohngebäude, an die sich hofseitig die Fabriken anschließen. Die Gewerbeeinheiten werden jedoch nicht, wie damals üblich, für die freie Vermietung, sondern speziell für die Firma Franz R. Conrad errichtet. Im 1. Stock befindet sich der Berliner Mustersaal.

Die Firma Franz R. Conrad fertigt manuell und in Maschinenarbeit elektrische und -gasbetriebene Innenraumleuchten: z. B. Hängeleuchten/Schirmleuchten aus Glas, mit Perlenschnüren oder erweitertem Stoffschirm, Hängeleuchten mit gedrücktem Metalldach und Glasglocken, Lyraleuchten, Tischleuchten, Arbeitsplatzleuchten, Reifenleuchter, Kronleuchter. In erster Linie werden qualitativ hochwertige, luxuriöse Kronleuchter und »Ampeln« nach eigenen Entwürfen hergestellt. Ab 1908 präsentiert die Firma ihre Produkte auf den Welt-Ausstellungen, gewinnt »Goldene Medaillen« und richtet Läden (Stände) zur Leipziger Messe ein. In den 1920er Jahren verfügt Franz R. Conrad über Musterlager in Berlin, London, Hamburg, Amsterdam, Budapest, Brüssel, Konstantinopel (Istanbul) und vertreibt ihre Leuchten europaweit und im Osmanischen Reich (ab 1923 Republik Türkei). Das von einer Kreiskontur umrahmte Schrift-Bild-Zeichen »CONRADLICHT« und »IM ZEICHEN DES GUTEN LICHTS«, mit fliegendem Adler auf spatenblattförmigem Franzosenschild mit Inschrift »CONRAD LICHT«, wird eingeführt und nach dem Zweiten Weltkrieg auf das Schrift-Zeichen »CONRADLICHT« reduziert werden.

In den 1920er Jahren schließt die Firma einen Vergleich mit Kunden und verringert ihre Schulden u. a. durch Kürzung der Gehälter unter Einverständnis der MitarbeiterInnen. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er und im Verlauf der 1930er Jahre ist sie gezwungen, ihr hochwertiges und hochpreisiges Produktsortiment um »einige besondere schöne und billige Neuheiten-Schlager« (Neue Sonderliste 140, 1929) zu erweitern.

Nach dem Tod von Franz R. Conrad im Jahr 1935 führt seine Witwe Friedel Conrad mit Entwurfszeichner Max Pester als Geschäftsführer das Unternehmen fort. Das Portfolio von Franz R. Conrad in den späten 1930er und -40er Jahren liegt sprichwörtlich »im Dunkeln«. Hier regt die Autorin zur Forschung an, die im Rahmen dieses Beitrages nicht geleistet werden konnte.

Entstehungsgeschichte Hellux

HELLUX entsteht 1895, als der Elektroingenieur Carl August Schaefer (ca.1868-1953) die Hannoversche Licht Anstalt kauft. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gilt HELLUX mit seiner Lampenentwicklung und -fertigung als Handelsspezialist auf vielen Gebieten. Die langsame Ausbreitung der Stromversorgung und die gewerbliche Herstellung von elektrischen Kohlefadenlampen (und später Metallfadenlampen) ebnen den Weg für die Produktion »elektrotechnischer Bedarfsartikel«. In den ersten Jahren spezialisiert sich das Unternehmen auf die Produktion von sogenannten »Banker- und Schreibtischlampen« und konzentriert sich auf die Produktion von Innenraumleuchten. Fünf Jahre später startet die Produktion von Straßenleuchten und in Folge die von Außenraumleuchten für verschiedenste Anwendungsbereiche. Mit seiner Lichttechnischen Spezialfabrik (HELLUX C. A. Schaefer K. G., Hannover, Abteilung Hellux, erste Markenanmeldung am 13. November 1919) in der Hildesheimer Straße 220 in Hannover, legt Schaefer den Grundstein für das Unternehmen HELLUX Leuchten GmbH (1987-2007). Das Produktportfolio umfasst u. a. »elektrische(n) Birnen, Lampen, Schalter, Steckdosen, Schalterrosetten, Lampenfassungen, Lampenaufzugs- und Aufhängevorrichtungen, Bogenlampenkupplungen, Wandarme, Lampenarmaturen und Deckenbeleuchtungen«.

Ab den späten 1930er Jahren vertreibt die HELLUX A.G. (Vertretung C. A. Schaefer A.G., Hannover) ein breitgefächertes Angebot an: Außenraumleuchten für freistrahlendes oder breitstrahlendes Licht mit unten offener Glasglocke, Schirmleuchten, Schrägstrahlern, gusseisernen, abgedichteten Leuchten, Mastaufsatzleuchten, Anleuchtgeräten, Scheinwerfern, Band-Spiegelleuchten für Glühlampen, Leuchten und Zubehör für Metalldampf-Lampen, Innenleuchten für Allgemeinbeleuchtung, Arbeitsplatzleuchten, komplette Aufzugs- und Überspannungs-Vorrichtungen, Zubehör zu Aufzugs- und Überspanungs-Vorrichtungen, Aufzugs-Winden, Seilendverschlüssen, Leitungskupplungen, Wandarmen, Mastaufsätzen und Kabelendverschlüssen. Die Gestaltungslinien elektrischer Innen- und Außenraumleuchten reichen von Adaption typischer Gasleuchten-Modelle über klassisch-moderne Entwürfe, Zweckleuchten und »Ingenieursform«1 bis zur frühen stimmigen Formgestalt einer »Pilzleuchte«2, die in den 1950er Jahren als elektrisch oder gasbetriebene Leuchten als ein Beispiel der Verkörperung einer neuen Moderne von beschwingter Eleganz gelten werden.

1950-60

Nach dem Zweiten Weltkrieg sind viele Städte und Gemeinden in Deutschland nahezu zerstört oder schwer beschädigt, so auch die Stadt des Firmensitzes von Franz R. Conrad (ab ca. 1946 Umwandlung in GmbH mit 5% Anteilen von Max Pester als Gesellschafter), Berlin, und der HELLUX A. G., Hannover. In einigen Städten nutzt man die Kriegszerstörungen zu einem radikalen Neuanfang – autogerecht, aufgelockert und durchgrünt sollten die Städte sein. Die Anforderungen an den geregelten Aufbau der öffentlichen Beleuchtung im Westen sind in »Die Gestaltung von Straßenleuchten«, Teil 2, LICHT 2/2017 dezidiert dargestellt. Bei der Gestaltung von Leuchten beider Unternehmen hält bei der Innen und -Außenraumbeleuchtung eine neue Moderne Einzug. Neue Materialien und insbesondere Leuchtstofflampen kommen ab Anfang der 1950er Jahre zum Einsatz.

1961-70

Die Ansprüche an eine weitestgehend normierte, standardisierte und lichttechnisch optimierte Beleuchtung steigen. Das Leuchtendesign wird zunehmend zu einer Aufgabe von Ingenieuren als von Designern. Langfeldleuchten aus den 1950er Jahren kommen weiter zum Einsatz, jedoch auch neue Modelle, meist strengerer Form. Die Firma Franz R. Conrad GmbH erhält den Auftrag, eine historische Straßenleuchte zu bauen. Es handelt sich um das Modell »Alt Berlin« 3, das auch heute noch von HELLUX/LUNUX in sehr ähnlicher Form (HELLUX ALT-BERLIN 9000) angeboten wird. Conrad baut nach Fragmenten historischer Bogenlampen der A.E.G. die berühmten »Behrens-Lampen« nach. Nach dem Tod von Max Pester wird Hans-Ludwig Aulig zum Geschäftsführer bestellt. Noch in der ersten Fabrik in der Glogauer Straße entstehen beleuchtete überspannende Transparente und Wechseltransparente für die Berliner Stadtautobahn sowie beleuchtete Verkehrszeichen. Hans-Ludwig Aulig wird schnell klar, dass eine Modernisierung der alten Werkstätten nötig ist, um die Aufträge zeitgerecht erfüllen zu können.

Für die folgenden Zeitphasen findet der Leser zu den Projekten beider Firmen ausführliche Darstellungen in der Artikelserie »Die Gestaltung von Straßenleuchten« der Zeitschrift LICHT (Ausgaben 1/2017, 2/2017, 7/2017, 2/2018, 6/2018).

1971-80

Ein entscheidendes Gestaltungsmittel, um neue Bestimmungen von Stadträumen zu erzielen, wird die Ausbildung der Alltagsobjekte der Straße als »Stadtmöbel«, wobei den Leuchten eine besondere Bedeutung als Kompositionselemente zukommt. Kugelleuchten erscheinen im Stadtbild. Neben der Entwicklung neuer Gestaltungskonzepte werden vielfach historische bzw. historisierende Leuchten im Stadtraum wieder sichtbar, die ihn als realen »historischen« Erlebnisraum transparent machen.

1973 bezieht die HELLUX C. A. Schaefer KG (Firmenname bis 1986, danach Hellux Leuchten GmbH, Geschäftsführer Ernst-Ludwig Marx bis 1990, Geschäftsführer Helmut Griep ab 1990, geschäftsführender Gesellschafter Helmut Griep ab 1991 bis 2007, geschäftsführender Gesellschafter Joachim Aulig ab 2007 bis 2013) ihren neuen Firmenstandort in Laatzen.

1981-89

Diesen Zeitraum kennzeichnen drei Hauptentwicklungen – weiterer Ausbau von Funktionsbeleuchtungen, Zunahme historischer bzw. historisierender Modelle und die Gestaltung der Postmoderne, eine ernsthafte kritische Umsetzung des Ideengehaltes historischer Vorbilder in eine kreative zeitgemäße Gestaltungssprache. In den 1980er Jahren entwerfen Leuchtenhersteller die sogenannten »Leuchtenfamilien« – ein Leuchtensystem mit unterschiedlichen Ausprägungen und Anordnungsmöglichkeiten für Wohn-, Verkehrsstraßen, Plätze. Ca.1982 bezieht die Franz R. Conrad GmbH ihren Firmensitz mit Produktionsstätten am Nunsdorfer Ring 20 im Gewerbegebiet Mariendorf, muss aber 1985 in Konkurs gehen. Parallel wird die Firma Construktionslicht GmbH mit der Marke Conlicht gegründet. Im Anschluss entsteht die Hellux-Construktionslicht GmbH (beide unter der Geschäftsführung von Hans-Ludwig Aulig) in Berlin.

1990-1999

Nach der Postmoderne tritt eine »Neue Moderne« und Stilvielfalt ein. Man kann nicht von einem einheitlichen Stil sprechen, jedoch herrschen vielfach Transparenz und Leichtigkeit, teils mit reduzierter, zeitloser Formsprache. Das Design vieler Hersteller ähnelt sich.

2000-2009

Seit dem Jahr 2000 zeichnen sich besonders zwei wichtige – das Design beeinflussende – Trends ab: Umweltbewusstsein und Vereinfachung. »Simple Tech« gewinnt zunehmend an Bedeutung. Weiterführende Informationen zum Einfluss von Industrie- und Produktdesign auf die Gestaltung von Straßenleuchten sind in »Die Gestaltung von Straßenleuchten«, Teil 4, Sabine Röck und Dagmar Scholz, LICHT 2/2018 ab S.86 und im Abschnitt »Der Einzug moderner Straßenleuchten mit LED-Technik« auf S.90 aufgeführt.

2008 erfolgt der Zusammenschluss der Hellux Leuchten GmbH mit der Construktions-Licht GmbH zur Hellux Group.

Ab 2010

Die seit 2000 einsetzenden Einflüsse auf das Produkt- und Industriedesign werden auch nach 2009/2010 in der Gestaltung von Straßenleuchten sichtbar. Neben konventionellen Leuchtmitteln wird zunehmend LED-Technik eingesetzt. Viele Städte und Gemeinden entscheiden sich für historische Leuchtenmodelle mit LED-Gaslichtimitat.

2012 geht die Hellux Construktionslicht GmbH in Konkurs und es erfolgt die Übernahme der Hellux Group und der Lite-Licht GmbH durch die ZETT OPTICS GmbH. Im weiteren Verlauf: 2015 Neugründung der HELLUX International GmbH (Geschäftsführer Mathias Schmidt und Franz Deckers) mit dem Hauptgesellschafter WÜNSCHE GROUP, 2016 Übernahme des Geschäftsbereichs HELLA Industries vom HELLA-Konzern und 2016 Umfirmierung der HELLUX International GmbH in LUNUX GmbH (Geschäftsführer Mathias Schmidt und Franz Deckers).

Nach über hundert Jahren endet die Historie des traditionsreichen Leuchtenunternehmens HELLUX. Die LUNUX GmbH ist Komplettanbieter für Lichtlösungen im Innen- und Außenbeleuchtungsbereich. Sie entwickelt und produziert für Kommunen, private Projektträger, Industrie, Handel, Office, Logistik und den Schienenverkehr. LUNUX fertigt heute immer noch in Laatzen – und das mit einer sehr hohen Fertigungstiefe: Die Blechverarbeitung, Beschichtung und Montage findet im eigenen Haus statt. Eine Vielzahl von früheren HELLUX-Produkten sind noch im Portfolio. LUNUX vertreibt alle Produkte für Außen- und Kommunalbeleuchtung immer noch unter dem Markennamen »HELLUX«. So wird der Name HELLUX auch in Zukunft bestehen bleiben.

1 Definition siehe: Sabine Röck und Christoph Wagener: »Die Gestaltung von Straßenleuchten«, in: LICHT 1/2017, Teil 1, S. 55.

2 Zur geschichtlichen Entwicklung der Pilzleuchte siehe: Bettina Grimm: »Die kleine Laternenkunde (24) Eleganz für die Straße – Die Pilzleuchte als Sinnbild für die Nachkriegsmoderne. Von Elektrotechnikern entwickelt – von der Gasbeleuchtung adaptiert«, in: Der Zündfunke. Das Gaslaternen-Journal, Nr. 30, Ausg. 1/2012, Jg. 5, S. 9-16.

3 Einen originalgetreuen Nachbau des ersten Modells »Alt-Berlin« bietet die Firma Hahn Licht, Gustav Hahn GmbH, Berlin, an.

Weitere Informationen:

Autorin: Sabine Röck, Berlin

www.lunux-lighting.com

Oral History/Bildmaterial: Dank an Herrn Hans-Ludwig Aulig und Herrn Manuel Löppenberg sowie an Herbert Liman für wertvolle Informationen und Bildmaterial

Quelle Abb. 2-7: Firmenalbum Franz R. Conrad – Fabrik für Beleuchtungsgegenstände, Glogauer Straße 19/21, Berlin S.O. (Kreuzberg), um 1910. Das Album mit 36 Aufnahmen ist wahrscheinlich eine Auftragsarbeit des Firmenchefs Franz R. Conrad. Fotograf: nicht aufgeführt, Reprografien: Michael Setzpfand, Berlin. Fotothek Stiftung Stadtmuseum Berlin. Archiv: Hans-Ludwig Aulig, Berlin

Dieser Artikel ist erschienen in