Planung
Licht 2 | 2019

HCL in Büro und Industrie

Anforderungen und Faktoren

Intelligent gesteuerte LED-Beleuchtung kann in fast allen Lebensbereichen nicht nur visuell, sondern auch biologisch wirksam unterstützen. So kann das richtige Licht zur richtigen Zeit dabei helfen, gesund und leistungsfähig zu bleiben und unser Wohlbefinden zu verbessern. Ein an den menschlichen Bedürfnissen orientiertes Licht sollte daher Teil eines nachhaltigen Engagements für Ergonomie, Arbeitssicherheit, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sein.

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Biologisch am stärksten wirkt großflächiges Licht von oben. Vom Tagesstart bis nach der Mittagspause sollte daher helles, kaltweißes Licht mit hohem Blauanteil (z. B. 6.500 Kelvin bei einer Beleuchtungsstärke von 300 Lux am Auge) verwendet werden. Dafür bietet sich indirektes Licht an, das sowohl Decken als auch Wände miteinbezieht. Je mehr Tageslicht desto besser. Zum Abend hin gilt es auf warmweißes, direktes Licht mit deutlich reduzierten Blauanteilen (zum Beispiel 2.700 bis 3.000 Kelvin) umzustellen, damit sich der Körper entspannen und auf die Nacht vorbereiten kann.

Abb.: Flächige Lichtquellen und helle Flächen im Raum ermöglichen einen optimalen Mix aus Tages- und Kunstlicht mit hohen indirekten, biologisch wirksamen Anteilen. Foto: Ledvance LEDVANCE

Grundsätzliche Anforderungen an HCL-Leuchten

In technischer Hinsicht beginnt die Konzeption der HCL (Human Centric Lighting)-fähigen Leuchten mit der Auswahl und Spezifikation der LEDs: Die erforderliche Spektralverteilung des Lichts ist in Hinsicht auf die biologisch wirksamen Anteile des Spektrums zu bewerten. Neben Faktoren wie der Energieeffizienz müssen Zielwerte und Toleranzen bei der Lichtfarbe und deren Veränderung festgelegt werden, damit alle Leuchten den gleichen Farbeindruck liefern. Für eine hohe Lichtqualität benötigen die Leuchten zudem geeignete Treiber. Außerdem dürfen weder Flickern noch stroboskopische Effekte auftreten und das Licht der LED muss mithilfe von Optiken wie Mikrolinsen oder Prismen gut und blendungsfrei verteilt werden. Auch das Zusammenspiel von Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur ist wichtig: Eine sehr helle warmweiße Lichtfarbe kann die gleiche aktivierende Wirkung haben wie ein kaltweißes Licht mit geringer Beleuchtungsstärke. Im Bereich von Farbtemperaturen zwischen 2.700 Kelvin und 6.500 Kelvin bringt etwa eine Verdoppelung der Farbtemperatur ungefähr die gleiche biologische Wirkungssteigerung wie eine Verdoppelung der Helligkeit am Auge.

»Wir brauchen das richtige Licht zur richtigen Zeit für optimale Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden«.

Generelle Anforderungen für Industrie- und Büroarbeitsplätze

Beleuchtungsanlagen an Arbeitsplätzen müssen zahlreiche Vorgaben erfüllen, etwa die des Arbeitsschutzes. Neben gleichmäßiger Lichtverteilung und ausreichender Beleuchtungsstärke ist ein weitgehend blendfreies Licht bei der Bildschirmarbeit wichtig. So ist für die Büroanwendung eine Entblendung mit einem UGR ≤19 vorgeschrieben. Aktuell sind Beleuchtungslösungen im Arbeitsbereich meist darauf ausgerichtet, gutes Sehen zu ermöglichen – die biologische Lichtwirkung wird nur selten berücksichtigt, da es für Arbeitsstätten keine Vorgaben für die Tages- und Nachtzeit oder biologisch wirksames Licht gibt. Die Folge: Das Licht ist für eine optimale Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter tagsüber oft falsch eingestellt und bei Helligkeit und Blauanteilen zu intensiv für Abend- oder Nachtarbeiten. Stattdessen sollte das Lichtumfeld dem natürlichen Tageslichtverlauf folgen. Eine automatische Steuerung der großflächigen Raumbeleuchtung könnte während des Vor- und Nachmittags über Decken und Wände indirektes und helles Licht mit hohem Blauanteil erzeugen und so aktivierend wirken. Die Leuchten, die direkt auf den Arbeitsplatz strahlen – zum Beispiel Schreibtischleuchten – sollten dagegen in der Helligkeit auch vom einzelnen Mitarbeiter individuell gesteuert werden können. Idealerweise folgt auch hier die Farbtemperatur dem natürlichen Tageslichtverlauf, um auch abends oder nachts keine Störung des Tag-Nacht-Rhythmus zu bewirken.

In der DIN SPEC 67600 sind beispielsweise für HCL bestimmte Zielwerte festgelegt. Als Grundlage für eine professionelle Lichtplanung existieren außerdem eine Vornorm (DIN SPEC 5031-100) sowie ein »Leitfaden Human Centric Lighting (HCL) für Planung und Anwendung« der Fördergemeinschaft Gutes Licht (Download unter www.licht.de, als Heft licht.wissen 21).

Zahlreiche Faktoren sind zu beachten

Die Lichtplanung für Büros mit Schreibtischarbeitsplätzen und ähnlicher Blickrichtung der Angestellten ist oft einfacher als in Fabrikhallen. Hier ist für die Lichtverteilung die Längsrichtung (typische Blickrichtung) wichtiger ist als die Querrichtung. In Produktionshallen hingegen sind die Mitarbeiter meist mehr in Bewegung und haben häufig wechselnde Blickrichtungen. Da es bei HCL darauf ankommt, welches Licht im menschlichen Auge »ankommt«, muss das Konzept entsprechend einen gleichmäßigen Lichteinfall aus unterschiedlichen Richtungen ermöglichen. Gerade in Werkshallen mangelt es aber an den für Reflexionen nötigen homogenen, großflächig hellen Flächen wie Decken oder Wänden. Dies sollte durch die farbliche Gestaltung der Oberflächen kompensiert werden, etwa mit hellen Farben für Metallträger oder Hallendecken. Reicht dies nicht aus, können im Raum zusätzliche helle Flächen angebracht werden, HCL-Leuchten mit speziellen segelartigen Reflektoren oder großflächige Lichtquellen.

HCL-Beleuchtung am Arbeitsplatz kann die Wachheit, geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, Vitalität, Stimmung und den Schlaf-Wach-Rhythmus der Menschen verbessern. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrer eigenen Leistung und mit der geleisteten Qualität steigt laut Studien unter einer HCL-Beleuchtung. Der Grund ist, dass konzentriertes Arbeiten weniger geistige Anstrengung erfordert und die Leistungsfähigkeit langfristig erhalten bleibt1. Laut einer Studie von A.T. Kearney führt dies im Industriebereich und in Büros zu nennenswerten betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorteilen: einer Steigerung der Produktivität, einem Sinken der Fehlerrate sowie weniger Krankheitstagen2.

Weiterer Informationen:

Autor: Dieter Lang, LEDVANCE

www.ledvance.de

1SSL-erate Consortium (2014). Lighting For Health And Well-Being In Education, Work Places, Nursing Homes, Domestic Applications, And Smart Cities. Verfügbar unter http://lightingforpeople.eu/2016/wp-content/uploads/2016/03/SSLerate-3.2-3.4-v4.pdf [03.03.2018].
2A.T.Kearney. (2015). Human Centric Lighting: Quantified benefits of Human Centric Lighting. Verfügbar unter https://www.lightingeurope.org/images/publications/general/150420_From_Barriers_to_Measures_-_Final_Results_-_Complete_vF_004.pdf [03.03.2018].

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