Eine echte Alternative
Zur LICHTWOCHE München 2021 erlebten die Besucher eine exklusive Weltpremiere. In einem gemeinschaftlichen Projekt präsentierte der LED-Hersteller Nichia zusammen mit dem Münchener LED-Spezialisten feno und dem Hersteller Bergmeister Leuchten eine echte LED-Alternative für den Austausch konventioneller NAV-Lampen. Wir haben Giovanni Vecchio (Head of Sales and Marketing, Nichia Europe GmbH), Alexander Müller (Head of Sales and Marketing, feno GmbH), Simon Hochreiter (Geschäftsführer Bergmeister Leuchten) und Anna Müller (Business Development Manager, Nichia Europe GmbH) getroffen, um mehr über ihr Gemeinschaftsprojekt zu erfahren.


LICHT: Wie kam es zu diesem Projekt, das auf der LICHTWOCHE München präsentiert wurde?
Giovanni Vecchio: Als LED-Hersteller und Spezialist für hocheffiziente Beleuchtung und für die Nachahmung natürlichen Lichts war die LICHTWOCHE München eine wunderbare Gelegenheit, Nichias neueste LED-Technologie einem interessierten Teilnehmerkreis zu präsentieren und mit den Besuchern auch über andere Themen wie UV-C zu diskutieren.
Anna Müller: Unser Highlight war eine Installation von zwei dekorativen Straßenleuchten des Typs »Rosenheim«, die wir als Gemeinschaftsprojekt zusammen mit feno und Bergmeister Leuchten ins Leben gerufen haben. Die Idee dazu entstand im Frühjahr 2021, aber die eigentliche Konzeptions- und Realisierungsphase startete ab September. Innerhalb kürzester Zeit stellten alle Partner eine unglaubliche Leistung auf, um diesen neuen Prototypen im November live präsentieren zu können.
LICHT: Wie wurden die beiden »Rosenheim«-Leuchten in Szene gesetzt und was ist das Besondere an ihnen?
Simon Hochreiter: Zum Vergleich haben wir zwei Straßenleuchten unseres populären Mastleuchtentyps »Rosenheim« im Münchener Pflaum Park aufgestellt – die bei unseren Kunden deutschlandweit eine beliebte Lösung für innerstädtische Beleuchtungen ist. Eine der Leuchten wurde mit einer klassischen Natriumdampf-Hochdrucklampe und eine mit der neuesten Generation der Nichia Hochleistungs-LED der »219F«-Familie in warmweißer Farbtemperatur ausgestattet.
Alexander Müller: Die »219F«-LED von Nichia ist eine absolute Weltneuheit, die erstmals in so einem Projekt im Praxisvergleich gezeigt wurde. Sie ist die erste LED, welche mit 1.800 Kelvin die Farbtemperatur von Natriumdampflampen erreicht. Für diese LED-Variante entwickelten wir sehr kurzfristig ein Prototyp-Modul, das aus 16 LEDs in insgesamt vier Gruppen auf einer Platine besteht und speziell auf die baulichen und technischen Anforderungen der Rosenheim-Leuchte abgestimmt wurde.
Anna: Unter den beiden »Rosenheimern« wurde jeweils eine Obstkiste platziert, um die Unterschiede in der Farbwiedergabe herauszustellen und diese waren enorm. Während die meisten Natriumdampflampen bei CRI-Werten von unter 5 liegen, also Farben sehr schlecht wiedergeben, kommt die »219F 1800K« auf CRI-Werte von über 70. Das bedeutet, dass die LEDs die Farben der verschiedenen Früchte sehr viel klarer und natürlicher wiedergeben als die Natriumdampf-Hochdrucklampe.




LICHT: Liegen warmweiße Farbtemperaturen für den Außenbereich im Trend?
Simon: Absolut. Ich würde sogar sagen, in der öffentlichen Beleuchtung geht der allgemeine Trend hin zu den wärmeren Farbtemperaturen bzw. zur Warmweiß-Leuchte. Die bisher üblichen 3.000 bis 4.000 Kelvin in der Straßen- und Wegebeleuchtung werden als sehr grell wahrgenommen und immer weniger akzeptiert. 4.000 Kelvin verwenden wir daher seit Anfang 2020 nicht mehr in Neuanlagen. Insbesondere im innerstädtischen Bereich wünschen sich Kommunen und Gemeinden wärmere Farbtemperaturen in den Leuchten, um eine behaglichere Atmosphäre in der Stadt zu schaffen. Im Bereich der Straßenbeleuchtung der Energieversorger, die wir beliefern, sind 3.000 Kelvin heutzutage meist wirklich das Maximum. Unsere Kunden fragen jedoch immer häufiger nach dem Farbtemperaturspektrum von 2.700 bis 2.200 Kelvin. Licht im öffentlichen Raum wird definitiv wärmer. Nichias neue LED mit 1.800 Kelvin ist noch brandneu und noch nicht bei jedem Stadtplaner angekommen, aber ich bin sicher, dass die Nachfrage rasant steigen wird.


LICHT: Um den Lichteffekt der Nichia »LED 1800K« zu verdeutlichen, platzierten Sie direkt daneben eine Natriumdampf-Hochdrucklampe. Warum braucht es dazu eine Alternative?
Giovanni: Natriumdampf-Hochdrucklampen, abgekürzt NAV genannt, werden aufgrund ihres gelblich-warmen Lichts und ihres hohen Wirkungsgrads von bis zu 150 Im/W häufig im Outdoor-Bereich verwendet. Aufgrund des in NAV-Lampen benötigten Quecksilberanteils, das schon zu Verboten in diversen europäischen Staaten geführt hat, funktionieren sie jedoch nicht gerade umweltfreundlich. Bislang gab es in Deutschland keine umweltfreundliche Alternative, die eine vergleichbare Farbtemperatur und einen ähnlichen Wirkungsgrad aufweist.
Anna: Aber auf der LICHTWOCHE München haben wir erstmals eine Lichtinstallation ausgestellt, die nicht nur die Farbtemperatur bei ähnlichem Wirkungsgrad erreicht, sondern auch alle Vorteile einer LED mit sich bringt. Unsere Hochleistungs-LED »219F 1800K« ist nach Belieben dimmbar, verträglich für nachtaktive Tiere und verfügt über einen deutlich höheren CRI-Wert von über 70. Sie arbeitet daher äußerst nachhaltig und energieeffizient.
Simon: Der Anteil an noch bestehenden Natriumdampflampen liegt in Deutschland bei schätzungsweise 40 bis 50 %, ein Großteil der Straßenleuchten läuft noch mit Natriumdampflampen. Vor zehn Jahren fing man an, die Quecksilberlampen durch Natriumdampf-Hochdrucklampen zu ersetzen, heute rüsten wir bei Bergmeister Leuchten im Zuge des »Retrofits« immer mehr Natriumdampflampen auf LED-Lampen um. LED-Lampen sind energiesparend, da sie durch ihre höhere Lichtausbeute einen geringeren Energieaufwand benötigen. Eine Umrüstung anstatt einer Neuanschaffung ist besonders für Städte und Kommunen eine attraktive Lösung, da Budget und Zeit limitiert sind. Durchschnittlich fertigen wir ca. 5.000 LED-Umrüstsätze jährlich – Tendenz steigend. Ich gehe davon aus, dass in 10 bis 20 Jahren alle noch bestehenden Natriumdampf-Hochdrucklampen durch LED ersetzt sein werden. Die Markteinführung der »219F 1800K« dürfte auch die letzten Zweifler überzeugen.
Was ist an der Hochleistungs-LED »219F« so besonders, dass sie das Ende der Natriumdampf-Hochdrucklampen einläuten könnte?
Giovanni: Einfach gesagt: Sie kann alles, was eine Natriumdampf-Hochdrucklampe kann, nur besser. Durch das gerichtete Licht der LED kann, anders als bei einer Lampenlösung mit entsprechender Reflektortechnik oder Sekundäroptiken, eine bessere Lichtlenkung umgesetzt werden. Unerwünschte Streulichteffekte werden dadurch erheblich reduziert. Durch den geringen Blaulichtanteil dieser LED werden auch nachtaktive Tiere und Autofahrer vor blendendem Licht geschützt. Generell hat unsere »LED 219F« eine geringere Anziehung auf Insekten wie Bienen, deren Schutz in vielen öffentlichen Bereichen eine hohe Priorität genießt, und sie reduziert Lichtemissionen. Dazu kommen noch die klassischen Vorteile einer LED, wie eine lange Lebensdauer und eine hohe Energieeffizienz bei rund 120 bis 140 lm/W.
Anna: Ein weiterer Vorteil, von dem sich die Besucher der LICHTWOCHE München mit eigenen Augen überzeugen konnten, ist die Farbwiedergabe. Die Farbwahrnehmung ist höher bei geringerem Energieeinsatz. Die »219F 1800K« bietet Städten und Kommunen erstmals einen technisch nahezu gleichwertigen, in einigen Bereichen sogar überlegenen, und dazu umweltfreundlichen sowie nachhaltigen Ersatz für die bisherigen Natriumdampflampen.
Simon: Die »Rosenheimleuchte« war auf der LICHTWOCHE München zu Testzwecken per Bluetooth über eine App auf dem Smartphone steuerbar und konnte nach Belieben gedimmt werden. Der Einsatz der »219F LED« eröffnet nun ganz neue Möglichkeiten in der Lichtsteuerung von LED-Leuchten mit dieser Farbtemperatur und kann natürlich über Protokolle wie DALI oder mittels einer Zhaga-Schnittstelle auch problemlos in intelligente Smart-City-Systeme eingebunden werden. Durch die gerichtete Lichtverteilung des LED-Moduls und der besseren Farbwiedergabe gegenüber der Natriumdampflampe wird deutlich weniger Leistung benötigt, um das gleiche, oder sogar ein höheres Beleuchtungsniveau zu erzeugen – dank der App konnte ich es im Gespräch mit anderen Besuchern auf der LICHTWOCHE München testen. Für den kommunalen Einsatz sind neben der Farbtemperatur und Energieeffizienz vor allem der Verzicht auf Quecksilber sowie der geringe Blaulichtanteil von großer Bedeutung. So können Städte und Gemeinden die öffentliche Beleuchtung deutlich umweltbewusster und nachhaltiger gestalten als bisher und dabei noch ein schönes Lichtempfinden generieren.


LICHT: Es gibt also gravierende Unterschiede zwischen Natriumdampf-Hochdrucklampen und LED-Lampen im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und Leistung. Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus diesem Projekt mit?
Giovanni: Bislang waren LEDs mit dem üblichen, weißen ANSI-Farbraum von 2.700 bis 6.500 Kelvin nicht in der Lage, das gewünschte Spektrum von 1.800 bis 2.500 Kelvin der Natriumdampf-Hochdrucklampen zu erreichen. Unsere Hochleistungs-LED-Familie »219F« deckt das Farbspektrum von 2.500 Kelvin bis nun – erstmals für eine LED – 1.800 Kelvin ab. Die Installation bei der LICHTWOCHE München gab uns eine wunderbare Möglichkeit, die Einzigartigkeit unserer neuen »219F 1800 K« live und in Farbe vorzustellen. Auch für uns als LED-Spezialisten war diese Veranstaltung ein »Aha-Erlebnis«.
Anna: Wir hatten uns vor allem auf die Farbtemperatur fokussiert, um die Werte der NAVs zu erreichen. Doch insbesondere den Unterschied der CRI-Werte im direkten Vergleich zu sehen, hat mich total überwältigt. Der Unterschied in der Farbwiedergabe bei den Früchten im Obstkorb war unglaublich. Blass-gelbliche Orangen in der Obstkiste im Licht der Natriumdampflampe wurden zu authentisch orangefarbenen Orangen im Lichtschein unserer 1800K-LED. Auf der LICHTWOCHE München konnten wir und die Besucher den Unterschied erstmals richtig erleben. Ich bin sehr froh, dass wir dieses Gemeinschaftsprojekt zusammen realisiert haben.
Alexander: Dieses Projekt hat gezeigt, dass natürliches und angenehmes Licht technisch unkompliziert realisiert werden kann und auch die Nachhaltigkeitsziele von Städten und Gemeinden dabei berücksichtigt werden. Wir haben gelernt, dass die Verbindung von Lichttechnik mit Lichterlebnissen, also das kombinierte Knowhow aller beteiligten Akteure, einen sichtbaren Mehrwert für die Anwender bietet.
Simon: Auf der LICHTWOCHE München konnte sich unser Klassiker mit neuer Ausstrahlung präsentieren und die Besucher überzeugen. Unser Kooperationsprojekt belegt die Zukunftsfähigkeit unserer Leuchten – nicht nur bei der Neuanschaffung sondern durch effiziente Umrüstung vieler Bestandsleuchten. So können Städte und Gemeinden nachhaltiger, umweltschonender und energieeffizienter leuchten, ohne das sorgfältig geplante Stadtbild verändern zu müssen.
Das Interview wurde in Zusammenarbeit mit Publitek geführt.
Weitere Informationen:
www.nichia.co.jp; www.feno.com; www.bergmeister-leuchten.de; www.lichtwoche-muenchen.de
Fotos: Maik Kern, Bergmeister Leuchten, Nichia, feno