Ein urbaner Garten aus Licht
Um die botanische Vielfalt des Stadtparks im saarländischen Merzig auch bei Dunkelheit hervorzuheben und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, ging das Lichtplanungsbüro Tobias Link völlig neue Wege: sie beleuchteten das Gelände aus den Bäumen heraus.

Der Merziger Stadtpark verfügt über einen vielfältigen und teilweise Jahrzehnte alten Baumbestand. Er befindet sich in zentraler Lage, die City, die Stadthalle und der Fluss Saar sind in unmittelbarer Nähe. Bewohnern und Gästen der Kreisstadt steht er als Ort zum Erholen und aktiv sein zur Verfügung. Über eine Städtebauförderungsmaßnahme konnte Merzig das Areal sanieren. Ziel war es, den Entspannungsfaktor für die Besucher zu erhöhen und dabei den traditionellen Charakter des Parks zu erhalten.

Licht und Schatten in Balance
Tobias und Oliver Link vom Lichtplanungsbüro Tobias Link aus Saarbrücken wurden mit der Lichtplanung beauftragt. Die Ausgangssituation zeigte eine Wegbeleuchtung durch Mastleuchten, die im nahen Bereich teilweise Blendung erzeugten und zu wenig Licht an die Umgebung abgaben, so dass das Gelände zu dunkel und auf weitere Entfernung nicht einsehbar war. Die außergewöhnliche Baumvielfalt als besonderes Merkmal des Stadtparks trat nur bei Tageslicht in Erscheinung.
Das Lichtplanungsbüro wollte vor allem die Schönheit des Parks hervorheben und die besondere botanische Sammlung in Szene setzen. Tobias und Oliver Link entwickelten ein Konzept, das alle relevanten Aspekte für die Beleuchtung eines urbanen Raumes berücksichtigt. Von funktionaler Seite bedeutete das, Orientierung zu geben und Sicherheit zu vermitteln. Den Planern war es dabei wichtig, die natürliche Dunkelheit der Nacht zu respektieren und die Umgebung nicht mit zu viel Helligkeit zu belasten. Gleichzeitig sollten sich Menschen im Park wohl und willkommen fühlen und die Grünfläche zu jeder Tageszeit positiv erleben.

Leuchtende Kronen
»Wir wollten gern etwas Neues machen und die Beleuchtung des Parks nur aus den Bäumen heraus umsetzen«, erklärt Tobias Link. Doch wie lässt sich das genau berechnen? Tobias und Oliver Link haben für dieses Projekt intensiv mit dem Landschaftsplaner zusammengearbeitet, sich die Charakteristiken der unterschiedlichen Baumarten erklären lassen. Für die Berechnungen und Visualisierung der Entwürfe haben sie sogar ein eigenes Tool entwickelt, indem sie ganz unterschiedliche Software-Module miteinander kombiniert haben. »Wir wollten Bilder von Ästen und Blättern auf dem Boden projizieren, so wie es am Tag durch die Sonne und nachts durch den Mond zu beobachten ist«, sagt Tobias Link. Doch wie konnte die Projektion von scharfen und unscharfen Bildern auf dem Boden generiert werden, bei Bäumen mit einer Höhe bis zu 30 m? »Wir haben die Bäume mit Leuchten bemustert und dabei mit drei verschiedenen Abstrahlwinkeln gearbeitet: eng-, mittel- und breitstrahlend. Damit konnten wir am Ende den harmonischsten Eindruck erzielen«, so Tobias Link. Die Planer setzten dafür LED-Strahler »Woody« von iGuzzini ein. Sie sind für die Montage an Ästen geeignet und bieten drei Optiken mit 10°, 28° und 40°. Die mögliche Farbtemperatur liegt bei 3000 K, wie im Stadtpark Merzig, oder wahlweise bei 4000 K. »Die Planung war echte Pionierarbeit und die Bemusterung sehr aufwändig. Dafür konnten wir ein erstaunliches Ergebnis bei der Laubprojektion erreichen«, so Tobias Link.

Dezente Lichteffekte
Über eine Ausschreibung wurde eine Firma gefunden, die die Montage übernahm. Das bedeutete für die Planer: über drei Wochen lang jeden Abend ab Dämmerung vor Ort sein. Über Hubsteiger sind die Spezialisten in die Baumkronen gestiegen, die Planer haben von unten aus die idealen Positionen mit der Taschenlampe angezeigt. »Das Licht auszurichten war unsere Hauptarbeit«, meint Tobias Link. Am nächsten Tag wurde bei Helligkeit alles verkabelt. Die Kabel sind großzügig verlegt, alle 2 m ist eine Krampe befestigt, an der das Kabel in Schlaufe hängt, so erhält der Baum Spielraum beim Wachsen. Die Leitungsführung läuft verdeckt, von der Rückseite der Bäume hin zu den Wegen.
»Das Licht geht senkrecht nach unten, die Leuchten sind dabei nicht zu erkennen. Sie projizieren die Architektur des Baumes auf den Boden, so wird auch keine Blendung erzeugt«, beschreibt es Tobias Link. Die Bäume leuchten von innen heraus, ohne dabei unnötiges Licht nach oben abzugeben, dafür beleuchten sie die Wege durch poetisch anmutende Lichtbilder. Nur punktuell werden Uplights eingesetzt, bei Sträuchern und Bäumen mit geringerer Wuchshöhe wie etwa an der Brunnentasse oder bei der Magnolienpromenade. Die Bodeneinbauleuchten flankieren die Pflanzen von der Seite und sitzen nicht direkt am Stamm, so erscheinen diese viel dreidimensionaler.

»Die Dunkelheit hat in unserem Konzept eine ebenso große Bedeutung wie die beleuchteten Bereiche«
Treffpunkt im Park: der Pavillon
Im Rahmen der Parkmodernisierung entstand ein multifunktionaler Pavillon, der direkt zur Stadthalle führt. Mastleuchten mit einer Lichtpunkthöhe von 4,50 m (von Bega) übernehmen die Beleuchtung des Weges und der näheren Umgebung. Für eine vertikale, gleichmäßige Ausleuchtung sorgen entblendete Downlights in der Decke des Pavillons, die »Laser Blade InOut BX60« von iGuzzini sind kaum sichtbar als Beton-Eingussleuchte in der Fläche integriert. Zusätzlich betonen lineare Bodeneinbauleuchten (iGuzzini »Linealuce BM89«) die horizontalen Linien der Architektur und beleuchten die Sitzbänke.
Im hinteren Gebiet des Stadtparks befindet sich die Saline mit ihrem Heilwasser, dieser Bereich wurde bei einem Brand zerstört, der Wiederaufbau soll bald stattfinden. Die Beleuchtung sieht hier sanfte Lichteffekte vor, die an die Reflexionen auf Wasseroberflächen erinnern. Die Programmierung des gesamten Lichts wird über die Stadtbeleuchtung geregelt.

Der Park als Bühne
Die Lichtplaner fassen zusammen: »Wir wollten den Park ausleuchten, ohne dass die Leuchten zu sehen sind. Nur das Licht sollte wahrnehmbar sein, und das zu jeder Jahreszeit anders. Auf der Gesamtfläche wollten wir das Licht wie bei einer Theaterbühne komponieren. Die Dunkelheit hat in unserem Konzept eine ebenso große Bedeutung wie die beleuchteten Bereiche. Das ausgewogene Spiel von Licht und Schatten ist ein tragendes Element unserer Inszenierung.«


Weitere Informationen:
Bauherr: Stadt Merzig, www.merzig.de
Lichtplanung: Lichtplanungsbüro Tobias Link, Saarbrücken, www.tobiaslink.de
Landschaftsplanung: Büro Ernst + Partner Landschaftsarchitekten, Trier, www.bueroernst-partner.de
Leuchtenhersteller: iGuzzini (I), www.iguzzini.com/de; Bega, www.bega.com
Ein Video auf www.tobiaslink.de stellt das Projekt genauer vor
Fotos: Tom Gundelwein (wenn nicht anders genannt)
Autorin: Andrea Mende, freie Redakteurin, Leipzig