Technik
Licht 4 | 2021

Ein neues Datenformat für die Lichtindustrie

Was steckt hinter dem Global Lighting Data Format?

In der Lichttechnik existieren viele Datenformate und man könnte sich fragen: Warum dann noch ein weiteres? Genau das war einer der Gründe: Es gibt zu viele Formate und einige sind bereits veraltet. Eine Vereinheitlichung, Konsolidierung und Modernisierung war nötig. All das soll im Global Lighting Data Format (GLDF) abgebildet werden.

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Ein Leuchtenhersteller muss heute ein halbes Dutzend Datenformate für verschiedene Anwendungen, Umfänge, Zwecke und Nutzer anfertigen. Entsprechend groß sind bei den häufig sehr umfangreichen Leuchtenportfolien Aufwand und Kosten. Und auch der Planer bzw. Datennutzer muss sich von einer Leuchte verschiedene Formate für unterschiedliche Programme und Anwendungen beschaffen. Ein entscheidender Erfolgsmesser des Global Lighting Data Format (GLDF) wird deshalb auch die Frage sein, ob es die anderen Formate verdrängen kann.

Die Geschichte von GLDF begann 2017 im ZVEI in der Projektgruppe BIM. Hier diskutierten Industrievertreter und Anwender die BIM-Leuchten- und Sensor-Merkmale, die dieses Jahr als Norm veröffentlicht werden (CEN/TS 17623). Darunter waren auch RELUX und DIAL. Im Zuge von BIM und der Entwicklung der Merkmale erscheint es als sinnvoller weiterer Schritt, ein neues Datenformat zu entwickeln, um all diese Merkmale auch transportieren zu können. Auf Initiative von RELUX verabredeten sich beide Softwarehäuser zu dem gemeinsamen Meilenstein, den wir heute als GLDF sehen. RELUX und DIAL starteten im Juli 2019 mit der konkreten Arbeit am GLDF. Es bedurfte vieler Treffen, Konzepte und Arbeiten aus dem Projektteam beider Softwarehäuser, um GLDF zu finalisieren.

Abb.: ZVEI-Projektgruppe 16 BIM - Präsentation von 2017 RELUX

Technische Vorteile

Ein Vorteil liegt auf der Hand: Leuchtenhersteller, die Mitglied bei RELUX und DIAL sind, müssen nur noch ein Format und eine Geometrie erstellen. Darüber hinaus bietet das Format die folgenden neuen technischen Möglichkeiten für alle, auch für Nicht-Mitglieder der beiden Softwarehäuser:

  • mehrere Varianten eines Produkts mit eigener Varianten GTIN
  • Definition von Lampen im absoluten (LED) oder relativen (konventionell) Zustand
  • Einbettung von Bildern, Geometrien, Dokumenten etc. als Datei oder Link; über einen Link sind dynamische Assets von einem zentralen Server möglich
  • Geometrie aus EULUMDAT, parametrischen Objekten oder als 3D-Modell; mehrere LOD-Stufen
  • Lichtaustrittsflächen, Drehelemente, Aufhängepunkte und elektrische Anschlüsse können definiert werden
  • Leuchten mit mehreren Lichtaustritten und/oder Sensoren
  • Notbeleuchtung-LVKs oder Notlichtstromfaktor
  • Constant Light Output (CLO) und internationale Wartungsfaktoren
  • Spektrum und Dimmkurven
  • Prüfsumme zur reinen Datenvalidierung oder Erkennung von Manipulationen
  • optionale Verwendung aller ca. 350 CEN/TS 17623 – ZVEI Beleuchtung BIM-Merkmale
  • Verwendung von anderen BIM-, IFC- oder sogar benutzerdefinierten Merkmalen

GLDF wurde von RELUX- und DIAL-Experten mit jahrzehntelanger Beleuchtungserfahrung für alle modernen BIM-Anwendungsfälle entwickelt. Alles, was ein Hersteller über sein Produkt kommunizieren kann, lässt sich in GLDF unterbringen.

Lampe und Leuchte

In der Vergangenheit wurde oft nur die Photometrie bzw. die LVK von Leuchten behandelt und in Lichtberechnungs- und Simulationsanwendungen verwendet. Dies vor allem in Form von EULUMDAT, einem textbasierten nicht-normierten Format von Axel Stockmar, und IES, einem US-normierten Textformat. Mehr wird für eine reine Beleuchtungsberechnung nicht benötigt. Problematisch wird es allerdings mit zwei oder mehr Lichtausgängen oder zusätzlichen photometrischen Informationen wie Spektren oder Flickerwerten. Ein Planer muss sich heute mit mehr als nur der lichttechnischen Dimensionierung beschäftigen. Er benötigt Produktinformationen wie Ausschreibungstexte, Preise, GTIN-Nummern und mehr. Der Leuchten-Qualifizierungsprozess hängt von viel mehr Daten ab als von einem einfachen Bild und einem 3D-Modell. Eine LVK ist weder eine Leuchte noch ein Produkt, es ist nur ein Teil der Leuchte, wenn auch ein sehr wichtiger.

Um diesen Planungsbedarf zu decken, haben RELUX und DIAL schon früh die beiden Produktdatenformate ROLF (RELUX Open Luminaire Format) und ULD (Unified Luminaire Datafile) entwickelt. Die Hersteller sind es gewohnt, die Produktdaten über die einfache LVK hinaus aufzufüllen. Das ULD ist ein Binärformat und konnte nur mit auf Mitglieder beschränkten Werkzeugen erstellt werden. Auch ROLF ist ein proprietäres Format und darf nur von RELUX-Mitgliedern erstellt werden. Theoretisch ist ROLF eine offene XML-Struktur und könnte auch außerhalb von RELUX-Tools erstellt und verwendet werden. GLDF kann alles, was auch ROLF und ULD können; plus BIM und das in einem modernen und offenen Format.

GLDF-Aufbau

GLDF ist technisch gesehen ein (Zip-)Container mit der Dateiendung ».gldf«. In diesem Container befindet sich eine XML-Datei, die das Produkt in einer klaren Struktur definiert. Neben der XML-Datei enthält die GLDF-Datei verschiedene Dateielemente wie Bilder, LVKs, Geometrie und Dokumente. Das XML enthält drei Hauptblöcke: den Header, die allgemeinen Definitionen und die Produktdefinitionen.

Der Header enthält lediglich technische Aspekte und Herstellerinformationen. Das GLDF-Format ist offen und kann frei verwendet werden. Für die Verwendung in Softwareanwendungen ist jedoch eine Mitgliedschaft oder eine andere Art von Lizenz erforderlich. Die Software entscheidet also, was und wie tief sie die GLDF interpretiert, abhängig von den enthaltenen Lizenzen. Der zweite Block »Allgemeine Definitionen« enthält alle Verweise auf Dateien und definiert eine Reihe von Lampen, Vorschaltgeräten, LVKs und Geometrien. Alle grundlegenden Aspekte der Leuchte werden mit IDs referenziert. GLDF kann LVKs von EULUMDAT, IES (IES LM-63) oder das neue IES XML (ANSI/IES TM-33 oder UNI 11733) verwenden. Der letzte Block »Produktdefinitionen« enthält alle Eigenschaften des Produkts und aller Varianten. Die einzelnen Varianten können alle Eigenschaften getrennt vom Produktstamm haben. In jeder Variante werden alle Referenz-IDs aus den »allgemeinen Definitionen« zu Produkten zusammengefügt. Dies ermöglicht eine umfangreiche und effektive Erstellung von Varianten eines Produktes.

Abb.: GLDF-Struktur der »Allgemeinen Definitionen« als XSD RELUX

GLDF kann heute noch nicht auf IFC-Basis beschrieben werden, weil die normativen Voraussetzungen fehlen. IFC ist nur für Bauwerke und nicht für Produkte definiert. Und IFC wäre beim Hersteller deutlich aufwendiger zu erstellen als eine XML-Struktur.

Geometrie

GLDF verfügt über drei Geometrieoptionen:

  1. Keine Geometrie. Nur das EULUMDAT-Primitiv.
  2. Eine parametrische Geometrie mit einfachen Objekten.
  3. Ein vollständiges 3D-Modell basierend auf dem neuen L3D-Format.

Eine Geometrie ist technisch nicht notwendig. Das Format könnte nur mit einem Namen und einem EULUMDAT erstellt werden. Die Box oder der Zylinder von EULUMDAT wird als Basisgeometrie verwendet. Es ist auch möglich, beide oder alle drei Optionen in einer Datei zu nutzen, um eine Multi-LOD-Leuchten-Geometrie zu erhalten.

Parametrische Geometrie

Die Idee ist einfach: Eine Reihe von grundlegenden Leuchten-Geometrien kann mit einigen Parametern verändert werden, um die wirkliche Leuchtenform so gut wie möglich zu treffen. Es ist keine 3D-Modellierung, kein Experte und keine Modellierungssoftware erforderlich. Alle Parameter können in eine einfache Tabelle eingegeben werden und schon ist die 3D-Form fertig. RELUX begann mit einem ersten Satz von Grundformen und stellte diese Idee dem ZVEI zur Verfügung. Im ZVEI hat die BIM-Projektgruppe das Konzept der parametrischen Geometrie finalisiert und getestet. Mit einem XML-Schema wird die parametrische Geometrie innerhalb des GLDF als separate XML-Datei transportiert.

Alle parametrischen Geometrien verfügen über leuchtende Flächen und Lichtaustrittsflächen. Optional ist es auch möglich, die elektrische Anschlussposition zu beschreiben. Mit dieser Beschreibung, insbesondere der LVK-Position, ist es für eine Lichtplanungssoftware leicht möglich, ein exaktes und voll funktionsfähiges Leuchtenmodell aufzubauen.

Abb.: Beispiel für eine parametrische Geometrie RELUX

L3D

Eine einheitliche 3D-Geometrie kann eine erhebliche Kostenersparnis für die Hersteller bedeuten. Daher war es wichtig hier auch eine gemeinsame Geometriedefinition zu erstellen. RELUX und DIAL schufen ein eigenes neues Datenformat für Geometrie, ähnlich dem heute existierenden r3d und m3d. Diesmal aber gemeinsam und offen zugänglich für alle. Das neue L3D-Geometrieformat ist ebenfalls ein gezipptes Containerformat, das ein beschreibendes XML und OBJ-3D-Objekte beinhaltet.

OBJ ist ein einfaches, offenes, textbasiertes Mesh-Format. Es ist weit verbreitet und kann von den meisten 3D-Modellierungsprogrammen exportiert werden. OBJ kann auch Texturen und Oberflächenmaterial verarbeiten. Dies ist ein Vorteil gegenüber dem alten r3d und m3d. Das XML speichert die Relation und das Rotationsverhalten zwischen den verschiedenen OBJ-Objekten und erzeugt auf diese Weise das komplette Leuchten-Objekt. Im XML sind auch alle lichtemittierenden Objekte, die leuchtenden Flächen, der Pendel- und der elektrische Anschluss definiert. Die Namen der Lichtaustrittsflächen, die in der L3D definiert sind, werden in der GLDF referenziert. Alle Lichtaustrittsflächen-Eigenschaften wie Offsets, Größen, Rotationen, etc. werden in der L3D-Datei festgelegt.

Abb.: Ein L3D-XML-Beispiel für einen TRILUX Belviso S RELUX

Herstellung von GLDF

GLDF kann mit Hilfe eines XML-Schemas mit all seinen Möglichkeiten erstellt werden. Das GLDF-Schema ist als XSD verfügbar (www.gldf.io). Zusammen mit einigen Beispielen wird es für IT-Kräfte kein Problem sein, GLDF-Dateien zu erstellen. Der beste Weg für die Erstellung von GLDF ist direkt aus dem PIM-System heraus. Es wird Werkzeuge geben, um die Erstellung von GLDF und L3D in ähnlicher Weise zu unterstützen, wie die RELUX-MemberTools die ROLF-Erstellung unterstützt haben. Es wäre technisch möglich, L3D Export PlugIns in AutoCAD, Revit oder Blender zu erstellen. Es ist »nur« Aufwand. Da die GLDF- und L3D-Formate frei und öffentlich verfügbar sind, sollte es möglich sein, dass auch die Community offene Tools oder PlugIns erstellt.

Pflege und Updates

Beide Unternehmen werden auch in Zukunft das Format pflegen und Werkzeuge dafür erstellen. Die Softwarefirmen sehen den Vorteil eines breiteren und tieferen Produktdatenformats für viele interessante zukünftige Anwendungen. Die weitere Software-Entwicklung von Bibliotheken, Tools und die Integration in die Anwendungen wird noch viele Anstrengungen erfordern. Die technische GLDF-Publikation ist über www.gldf.io verfügbar. Bis Anfang 2022 werden Tools und Bibliotheken erscheinen und danach werden ReluxDesktop und DIALux Evo das neue GLDF importieren.

Abb.: GLDF-Logo RELUX

Normung

Derzeit ist keine CEN- oder ISO-Normung des GLDF-Datenformats vorgesehen. RELUX und DIAL als Daten- und Lichtexperten wollen schnell und direkt auf Änderungen reagieren. Die Redaktionsgruppe wird also klein und überschaubar bleiben. Und RELUX und DIAL haben mehr praktische Hersteller- und Planer-Beziehungen als CEN oder ISO. Vielleicht wird in ein paar Jahren, wenn das Format etabliert ist, eine klassische Normung sinnvoll sein.

Argumente für eine Investition

Die Investitionen seitens RELUX und DIAL sind nicht unerheblich, werden aber im Interesse aller Beteiligten (Planer-Industrie-Softwarehersteller) von den beiden Firmen getätigt. Betrachtet man den Umsatz aus dem Jahr 2019, den technische Leuchten in den hier aufgelisteten Ländern machen (AT, BE, CH, DE, ES, FR, GB, IT, NL, PL), werden 73 % davon von Herstellern aus der Industrie erwirtschaftet, die bereits heute für eine der Firmen RELUX oder DIAL ihre Produktdaten in deren eigenem Format aufbereiten.

Es sollte also nur eine Frage der Zeit sein, bis 73 % der mit technischen Leuchten gemachten Umsätze in diesen Ländern Produktdaten solcher Produkte im GLDF zur Verfügung stehen. Was wäre die Alternative? Eine Fortsetzung von n-proprietären Datenformaten. Jedes für seinen ganz eigenen Zweck. Mindestens zwei davon, für den gleichen.

Der Inhaber und Geschäftsführer von RELUX, Markus Hegi, äußert sich zu GLDF wie folgt: »Ich bin gespannt, ob die Industrie diese einmalige Chance ergreift und daraus Mehrwerte für sich und ihre Kunden erarbeitet. Gemacht wurde GLDF für die ganze Industrie. Wir sind überzeugt, dass dieses Projekt nur mit vereinten Kräften eine Chance auf nachhaltigen Erfolg hat.«

Weitere Informationen:

Autoren: Robert Heinze und Markus Hegi, Relux

RELUX Informatik AG, Münchenstein (CH), www.relux.com

Abbildungen: RELUX

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