Wissenschaft & Forschung
Licht 1 | 2022

Das Light-Dosimeter

Portables Gerät zur Erforschung nicht-visueller Lichtwirkungen

Die Erforschung der nicht-visuellen Lichtwirkungen hatte lange Zeit zwei große Hindernisse: Keine einheitlichen Messgrößen und ein Mangel an geeigneten Messgeräten. Ersteres wurde mit der Veröffentlichung der CIE S 026:2018 »CIE System für die Metrologie optischer Strahlung für ipRGC-beeinflusste Antworten auf Licht« behoben; für letzteres bietet die Hochschule Luzern eine neue Lösung.

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Abb. 1.: Ein an einer Brille befestigtes Light-Dosimeter. Foto: Licht@hslu Licht@hslu

Drei Jahre hat es gedauert, doch nun gibt es sie: Die Light-Dosimeter »made in Switzerland«. In einem Projekt, das von der VELUX STIFTUNG finanziert wurde, hat ein interdisziplinäres Team der Hochschule Luzern (HSLU) unter der Leitung von Prof. Björn Schrader, Prof. Othmar Schälli und Dr. Giselher Wichmann kleine, portable Messgeräte zur Erforschung der nicht-visuellen Lichtwirkungen entwickelt. Unterstützt wurde das Projekt von Prof. Dr. Christian Cajochen, Direktor vom Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel (Schweiz), Dr. Peter Blattner, aktueller Präsident der CIE und Leiter des Optiklabors vom Eidgenössischen Institut für Metrologie METAS, Bern-Wabern (Schweiz) und Prof. Dr. med. Herbert Plischke von der Hochschule München (Deutschland).

Die Erforschung der nicht-visuellen Lichtwirkungen ist eine relativ neue Disziplin, da die dafür hauptsächlich verantwortlichen Photorezeptoren in unseren Augen, die intrinsisch photosensitiven retinalen Ganglienzellen (auf Englisch mit »ipRGC« abgekürzt), erst vor ungefähr 20 Jahren entdeckt wurden. Allerdings gab es bis 2018, als die Internationale Beleuchtungskommission die CIE S 026:2018 »CIE System für die Metrologie optischer Strahlung für ipRGC-beeinflusste Antworten auf Licht« [1] veröffentlichte, keine Einigkeit darüber, welche Messgrößen bei der Erforschung der nicht-visuellen Lichtwirkungen zu verwenden sind. Das zweite Hindernis war ein Mangel an geeigneten Messgeräten. Dieser wird nun dank der Light-Dosimeter der Hochschule Luzern geringer.

Das Light-Dosimeter der HSLU ist klein und leicht genug, dass es an einer Brille befestigt getragen werden kann (Abb. 1). In dieser Position misst es innerhalb des Wellenlängenbereichs von 380 nm bis 780 nm in der Ebene der Hornhaut des Trägers oder der Trägerin, was von den meisten Forschenden als der beste verfügbare Ersatz für die Netzhautbestrahlung betrachtet wird. Es führt verlässliche Messungen ab 5 lux und bis über 100.000 lux durch. Ein eingebauter Beschleunigungssensor misst die Neigung des Geräts, woraus auf die Blickrichtung des Trägers oder der Trägerin geschlossen werden kann.

Mit einer Messung alle zehn Sekunden erzeugt ein Light-Dosimeter Daten für Zeitreihenanalysen der folgenden Messgrößen:

  • α-opische Bestrahlungsstärke (Ee,α,Eα) [1]
  • α-opisch äquivalente Tageslichtbeleuchtungsstärke (D65) (Ev,αD65)
    [1]
  • Photopische Beleuchtungsstärke (Ev)
  • Ähnlichste Farbtemperatur (CCT) und Duv [2] und
  • Neigungswinkel des Geräts (zwischen -90º und +90º)

In den Zeitreihen ist auch ersichtlich, wann der Druckknopf, der als Ereignismarker dient, betätigt wurde. All diese Daten stehen den Forschenden zur freien Verfügung. Sie sind auf einem lokalen Gerät und nicht in einer Cloud gespeichert, wodurch die Forschenden die Datenhoheit haben. Mit der eigens für die Light-Dosimeter entwickelten Software »Lido Studio« können Forschende eine abgeschlossene Testreihe auf dem Bildschirm analysieren (Abb. 2). Zusätzlich gibt es die Möglichkeiten, die Grafiken herunterzuladen, einen PDF-Bericht zu generieren und die Daten in eine csv-Datei zur vertieften Analyse zu exportieren.

Abb. 2.: Ausschnitt der Datenanalyse mittels der Software »Lido Studio«. Quelle: Licht@hslu Licht@hslu

Dank einer Halterung kann ein Light-Dosimeter vom Träger oder von der Trägerin einfach vom Brillengestell entfernt werden, sollte dies nötig sein. Hierbei empfiehlt es sich, dass das Entfernen und das Wiederanbringen jeweils durch ein Betätigen des Druckknopfs markiert wird, damit später die dazwischenliegenden Daten ausgeschlossen werden können. Die wiederaufladbare Batterie der Light-Dosimeter hält ungefähr eine Woche, wobei der Batteriestand im aktivierten Zustand mittels der eingebauten RGB-LED angezeigt wird.

Im Rahmen des Projektes durchliefen die Light-Dosimeter im 2021 unterschiedliche Tests. In der METAS wurden Light-Dosimeter auf ihre spektralen und geometrischen Eigenschaften hin untersucht. Die Ergebnisse waren überzeugend. So betrug beispielsweise die Abweichung der Beleuchtungsstärke bei weißen Lichtquellen weniger als 5 %. Mitarbeitende der Hochschule Luzern verwendeten Light-Dosimeter, um die Lichtexposition über mehrere Tage in realen Umgebungen zu untersuchen. Durch diese Selbstversuche konnten sie nicht nur wichtige Erkenntnisse aus der Perspektive eines Forschenden gewinnen, sondern sie wurden gleichzeitig auch sensibilisiert, wie Probanden das Tragen von einem Light-Dosimeter erleben. Beides fließt nun in die Empfehlungen für den zukünftigen Gebrauch der Geräte ein. Ferner wurden am Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel hilfreiche Resultate erzielt, indem Messungen eines Light-Dosimeters mit denjenigen eines Eye Trackers, der den Pupillendurchmesser des Trägers misst, kombiniert wurden. Die Ergebnisse dieser Tests wurden Ende September 2021 an der CIE Midterm Conference vorgestellt. [3]

Zusätzlich fand bei einer Studie der Bergen Stress and Sleep Group der Universität Bergen, Norwegen, bereits ein erster »Härtetest in einer rauen Umgebung« statt (Abb. 3). Die Forschenden setzten die Light-Dosimeter im städtischen Leben und in den norwegischen Bergen ein, um zu untersuchen, wie künstliches und natürliches Licht das Stressreaktionssystem des Körpers beeinflusst. Auch konnten wichtige Erkenntnisse über die Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz der Geräte gewonnen werden, welche dazu beitragen werden, künftige Studien mit den Light-Dosimetern zu verbessern.

Abb. 3: Probanden der Studie in Bergen, Norwegen. Foto: @espenbibow - Bergen Stress and Sleep Group @espenbibow - Bergen Stress and Sleep Group

Seit diesem Jahr sind die Light-Dosimeter für Studien im Bereich der nicht-visuellen Lichtwirkungen verfügbar. Einige Projekte stehen schon in den Startlöchern. Mit den Einsätzen der Light-Dosimeter soll gleichzeitig eine »Community« aufgebaut werden. Bei Interesse darf man sich beim Team von Prof. Björn Schrader melden.

[1] Internationale Beleuchtungskommission (2018), CIE S 026:2018: CIE System für die Metrologie optischer Strahlung für ipRGC-beeinflusste Antworten auf Licht, Wien, Österreich, https://doi.org/10.25039/S026.2018

[2] Ohno, Y. (2014) Practical Use and Calculation of CCT and Duv. LEUKOS, 10(1), 47-55, https://doi.org/10.1080/15502724.2014.839020

[3] Stampfli, J.R., Lazar, R., Spitschan, M., Schrader, B., di Battista, C., Häfliger, R., Schälli, O., Wichmann, G., Zumbühl, C., Blattner, P. and Cajochen, C. The Light-Dosimeter – A New Device to Help Advance Research on The Non-visual Responses to Light. In: Proceedings of the Conference CIE 2021. International Commission on Illumination, CIE, December 2021, https://doi.org/10.25039/x48.2021.op18

Neue Messgrößen zur Erforschung der nicht-visuellen Lichtwirkungen

Licht@hslu

Quelle: Licht@hslu

Die CIE S 026:2018 [1] standardisiert spektrale Empfindlichkeitsfunktionen, Größen und Metriken zur Erforschung der nicht-visuellen Wirkungen von Licht beim Menschen. Der darin verwendete Ausdruck «α-opisch» ist hierbei stellvertretend für die fünf Photorezeptoren: Kurze Zäpfchen (sc), mittlere Zäpfchen (mc), lange Zäpfchen (lc), Stäbchen (rh) und ipRGCs (mel). Jeder dieser Photorezeptoren ist in einem anderen Bereich des sichtbaren Lichts am empfindlichsten.

Weitere Informationen:

Autoren: Janine Stampfli und Prof. Björn Schrader, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Institut für Gebäudetechnik und Energie – Themenplattform Licht@hslu und das interdisziplinäre Projektteam der Hochschule Luzern – vollständige Liste ist auf www.light-dosimeter.ch ersichtlich.

www.hslu.ch, https://blog.hslu.ch/lichtathslu, www.hslu.ch/licht, www.light-dosimeter.ch

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