Das Haus 2020
In Spanien gehört »A la Fresca!« zum mediterranen Leben: Menschen gehen vor die Tür und treffen sich zum Austausch unter freiem Himmel. MUT Design aus Valencia hat diese Tradition als Wohnkonzept für das diesjährige »Das Haus« auf der imm Cologne übertragen: der Innenraum richtet sich nach außen, der Patio wird zum geschützten Rückzugsort. LICHT-Redakteurin Andrea Mende traf die Designer in Köln zum Interview.

Jährlich lädt die internationale Einrichtungsmesse imm cologne Designer dazu ein, ihre Vision des zukünftigen Wohnens in Köln zu präsentieren. Die Installation »Das Haus« gestaltete in diesem Jahr MUT Design aus Spanien als Guest of Honor. Alberto Sánchez und Eduardo Villalón gründeten ihr Studio 2010 in Valencia. Das multidisziplinäre Team entwirft Möbel und Leuchten, Objekte für den Wohnbereich und entwickelt Einrichtungskonzepte für Hotels und Ausstellungen. MUT Design findet Inspiration in geometrischen Formen; kurvige Linien als auch grafische, schlichte Elemente tauchen immer wieder in ihrer Formensprache auf.


Die Architektur öffnet sich zur Landschaft
Auch für »Das Haus« verwandelten sie die vorgegebene, quadratische Fläche in einen kreisförmig angelegten Grundriss. »Wir wollten, dass ‚Das Haus‘ unser Verständnis vom Wohnen widerspiegelt, daher haben wir es rund gestaltet«, so Alberto Sánchez. Durch die nach außen orientierten, offenen Räume soll ungehinderter Austausch möglich sein, fließende Übergänge sollen »Das Haus« charakterisieren. MUT Design bezieht sich damit auf die eigene Kultur. »Wenn du im Süden lebst, bleibst du nicht im Wohnzimmer. Dann gehst du nach draußen. Das ist typisch für uns, um das natürliche Licht und die Luft zu genießen.« Mit ihrer Darstellung von »Das Haus« beziehen sie sich auch auf Merkmale klassischer mediterraner Architektur. Dort spielt der Patio, der Innenhof, eine tragende Rolle. Er belüftet und belichtet die ihn umgebende Wohnfläche und dient als Treffpunkt für Freunde und Familie. MUT Design kehrt diese Idee jedoch um: bei ihrer Vorstellung von »Das Haus« fungiert der Patio als Rückzugsort für den Einzelnen, eine geschützte, höhlenartige Zone. Alle vier anderen Bereiche – Bad, Küche, Wohnen und Entspannen – stehen für soziale Aktivitäten in Gemeinschaft zur Verfügung.
MUT Design beziehen sich mit ihrer Interpretation sowohl auf die Traditionen des mediterranen Lebensstils als auch auf die Farben ihrer Heimatlandschaft, der Albufera. Vorherrschend sind helle, ruhige Töne wie Weiß, Sand und Grau, ergänzt vom erdigen Rotbraun der typischen Terrakottafliesen. »In Spanien ist Terrakotta ein fester Bestandteil des Hauses. Es dient auch als Mittel, die Natur als Teil der Architektur zu integrieren«, erklärt Alberto. Das Designstudio hat für »Das Haus« mehrere Produkte neu entworfen, die zusätzlich die Grenzen von drinnen und draußen auflösen sollen: alle Möbel und Einrichtungsgegenstände sind für die Nutzung im Indoor- und Outdoorbereich gedacht.

Die Rolle des Lichts
Im »Das Haus« steht das natürliche Licht im Vordergrund. Die Bereiche Bad, Küche, Wohnen und Entspannen erschließen sich zur Landschaft. Oberflächen werden bewusst genutzt, um mit dem Sonnenlicht zu interagieren. »Wir haben für die Wandflächen einen weißen Putz verwendet, der sehr häufig in Spanien eingesetzt wird. Er reflektiert das Licht, was sich am Ende auch positiv auf den Stromverbrauch auswirkt. Wir wollten mit unserem Konzept für ‚Das Haus‘ alte Traditionen zurückbringen, zurück zur Basis kommen«, so Alberto. In ihrem Konzept ist das Bad symbolisch mit einer Wasserfläche verbunden, in der Installation dargestellt als sich spiegelnde, metallische Oberfläche. Sie nimmt gleichzeitig Bezug auf die Lagune der Albufera. Auch die für pulpo entworfene Beistelltisch-Serie »aspa« aus Strukturglas zeigt ein wechselndes Spiel aus Licht und Farbe.


Das Leuchtendesign
Im »Das Haus« präsentiert MUT Design außerdem eigene Leuchtenentwürfe. Neu entstanden ist Pendelleuchte »Plum«, zu sehen im Badbereich. Die Spanier haben das Projekt gemeinsam mit der tschechischen Glasmanufaktur Preciosa Lighting umgesetzt. »Bei ‚Plum‘ wollten wir gestalterisch die Lichtquelle genauso wichtig nehmen wie den Lampenschirm. Also haben wir das Licht in Röhrenform nach außen gesetzt, die Glaskugel dient als Diffusor. ‚Plum‘ funktioniert mit Magneten, du kannst die Lichtquelle in der Röhre nach innen oder außen richten». erklärt Alberto.
Die Zusammenarbeit mit Preciosa Lighting startete mit »Chromo«, die Tischleuchte wurde für die »Wallpaper* Handmade«-Ausstellung »Wellness & Wonder« 2018 zum Salone del Mobile in Mailand vorgestellt. MUT Design experimentierte erstmals mit dem Material Glas und erforschte, in welche Formen und Farben es gebracht werden kann. Das ursprüngliche, farbintensive Design passte das Studio für das Konzept von »Das Haus« optisch an und zeigte »Chromo« in silbrigen Abstufungen.

Die spanische Leuchtenmarke LZF arbeitet vorzugsweise mit Holzfurnier, für das Label entwarf MUT Design Tischleuchte »Loop« sowie Leuchtenserie »Lens«. Wie bereits bei »Chromo«, prägen geschwungene, symmetrische Linien das Design dieser Leuchten.
Die Sehnsucht nach der Sonne
Im Sinne von MUT Design soll »Das Haus« mit möglichst wenig künstlichem Licht auskommen – mit einer Ausnahme. Die biodynamisch wirksame Lichtquelle des Innenhofs ist elementar für den Entwurf der Spanier. Sie ahmt den natürlichen Tagesverlauf der Sonne im innen gelegenen Rückzugsbereich nach. »Wir verfügen über ein wunderschönes Licht in Spanien. Mit dieser Idee des beleuchteten Innenhofs wollten wir auch das warme Licht der Abendsonne nach drinnen holen. Denn es gibt nichts Wichtigeres als das Sonnenlicht.«


Weitere Informationen:
MUT Design, www.mutdesign.com
imm cologne, www.imm-cologne.de
Preciosa Lighting, www.preciosalighting.com
LZF, www.llzf-lamps.com
pulpo, www.pulpoproducts.com
Autorin: Andrea Mende, freie Redakteurin, Leipzig