Technik
Licht 9 | 2022

BIM-Autorensysteme

Übersicht verschiedener BIM-Modelle

Im folgenden Artikel stellt uns der Autor Robert Heinze verschiedene BIM-Autorensysteme vor. Gemeinsame Besonderheit ist der Objektcharakter der Bauwerksmodellierung, denn es wird nicht nur gezeichnet bzw. modelliert, sondern ein Bauwerk aus Einzelteilen und Beziehungen zwischen den Teilen konstruiert.

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Übersicht

Heute gibt es jede Menge Programme, die mit BIM zu tun haben. Das ist nur schwer mit CAD vergleichbar, weil sich hier auch die Anwendungsszenarien vom reinen Zeichnen hin zu Digitalen Zwillingen verbreitert haben. So gibt es bspw. BIM-Ausschreibungs- und Kalkulations-Software, BIM-Modell-Checker oder BIM-FacilityManagement-Programme. In diesem Artikel soll es um Programme gehen, die ein BIM-Modell erstellen und verändern können. Diese werden auch als BIM-Autorensysteme bezeichnet. Gemeinsame Besonderheit ist der Objektcharakter der Bauwerksmodellierung. Es wird nicht nur gezeichnet bzw. modelliert. Es wird, ähnlich einem (Produkt-)Konstruktions-Programm, ein Bauwerk aus Einzelteilen und Beziehungen zwischen den Teilen konstruiert. Damit stehen immer Material-Stücklisten und viele Analysen des Bauwerksmodells zur Verfügung. Klassische Zielgruppe der BIM-Autorensysteme sind Architekten und Fachplaner – alles Anwender, die Bauwerke ganz oder zum Teil erstellen und verändern. Dazu gehören auch Licht- und Elektroplaner. BIM-Autorensysteme erlauben idealerweise eine technische Bauwerkskonstruktion und eine gestalterische Visualisierung. Beides bedarf separater Werkzeuge und Arbeitsschritte. Interessant ist eine neue Programmart, welche technische BIM-Modelle aus Autorensysteme als Basis nimmt und damit sehr hochwertige, dynamische und schnelle Visualisierungen erzeugt. Vertreter dieser BIM-Visualisierer sind hier auszugsweise Lumion, Twinmotion und Enscape.

Als Abgrenzung in diesem Artikel, sind Autorensysteme nur »BIM«, wenn sie über eine IFC-Import und -Export Funktion verfügen. Der Fokus liegt hier, wie immer, auf der Licht- und Leuchten-Seite. Wir möchten darauf hinweisen, dass die hier aufgeführten Programme keiner vollständigen Auflistung entsprechen. Es gibt noch weitere BIM-Autorensysteme.

Abb.: Visualisierung eines Revit Modells mit Enscape. Quelle: Joel Guerra https://blog.enscape3d.com Joel Guerra https://blog.enscape3d.com

Anspruch Licht

Für eine Beleuchtung in einem BIM-Modell werden Leuchten benötigt. Doch so oft kommen Leuchten gar nicht als natives Objekt in BIM-Autorensystemen vor. In jedem Autorensystem können freie, eigene Objekte erzeugt werden und als Leuchten verwendet werden. Allerdings dann mit begrenzten Leuchten-Eigenschaften und ohne, dass das Licht aus der Leuchte scheint. Wie der Vortrag von Klaus Heiß auf der LICHT 2018 in Davos zeigte, hat noch kein BIM-Autorensystem die Komplexität der Leuchte im Umfang von Lichtberechnungsprogrammen, wie ReluxDesktop, umgesetzt. Dies sind unter anderem:

  1. Eine Lichtquellen-Unterteilung, damit die im Fernfeld gemessenen Leuchten-Punkte einen flächigen Lichtaustritt haben. Sprich, die Leuchte wirft ihr Licht auch flächig auf andere Objekte.
  2. Die Eigen-Verschattung, die einen Lichtaustritt in der 3D-Geometrie der Leuchte erlaubt. Sonst wäre jeder Lichtaustritt durch die Leuchte selbst blockiert.
  3. Die mitleuchtenden Lichtaustrittsflächen, die im eingeschalteten Zustand die Leuchte visuell leuchten lassen. Neben diesen darstellerischen Einschränkungen fehlen auch Lichtaustrittsflächen, welche für Berechnungen auch relevant sind.

Viele BIM-Autorensysteme bieten ein Rendering an, an denen auch selbstgesetzte Lichtquellen beteiligt sind. Meist sind diese Lichtstärkeverteilungen leider rein generisch (Punkt, Spot, Fläche, etc.). In einigen Fällen können auch echte LVK in Form von IES (LM-63) genutzt werden. Kein Autorensystem kann ohne zusätzlichen Drittanbieter eine photometrische Kunstlichtberechnung durchführen. Da eine 3D CAD-Umgebung und das komplette Bauwerksmodell vorhanden sind, ist eine Licht-Berechnung in einem BIM-Autorensystem möglich und in vielen Fällen auch deutlich effizienter als eine Konvertierung des gesamten Bauwerks zu einem Lichtberechnungsprogramm. Die Modellierungswerkzeuge sind dabei allgemeiner und nicht auf Beleuchtung spezialisiert.

ArchiCAD

Bereits vor dem BIM-Hype in den 2010er Jahren, war Graphisoft ArchiCAD ein schon weit verbreitetes BIM-Programm – ohne dass es als BIM beworben wurde. Dieses war jedoch überwiegend unter Architekten als unter Fachplanern verbreitet und eher auf dem Mac als auf dem PC. Es war schon vor 30 Jahren möglich, objektorientiert in 3D zu arbeiten und Mengenermittlungen zu erzeugen. Heute ist besonders in Europa ArchiCAD sehr verbreitet. Neben IFC unterstützt dieses BIM-Autorensystem auch BCF (s. LICHT 3 I 2021). Es gibt Leuchten als Objekt mit typischen Merkmalen. Allerdings ohne einen Lichtaustritt. Es können zu Visualisierungszwecken IES Lichtstärkeverteilungen importiert werden, aber ohne einen Leuchtenbezug. Eine Besonderheit ist das offene Objektformat bzw. die Scriptsprache GDL. Alle, die dies möchten, können mit GDL 3D-Objekte inklusive Merkmale für ArchiCAD erstellen. In GDL existieren auch elementare Lichteigenschaften und zusätzlich kann auch Licht ausgestrahlt werden aber ohne LVK und ohne Lichtaustrittsfläche.

Abb.: Leuchte in GDL; Quelle: ARCHICAD GDL Referenzhandbuch 2019 ARCHICAD GDL Referenzhandbuch 2019

Vectorworks

Traditionell ist Vectorworks eine Anwendung für kreative Gestalter zum Zeichnen ihrer Entwürfe. Auch dies läuft auf PC und Mac. Es wird neben IFC auch BCF unterstützt. Der Vectorworks-Modellierungskern stammt aus der Konstruktion, spricht »solid« und ist damit kompatibel zu STEP und STL, was eine leichte Anbindung an Konstruktion und 3D-Druck erlaubt. Eine Besonderheit von Vectorworks sind seine Bühnenbeleuchtungs-Features in der Spotlight-Ausführung. Hier können bequem Truss-Planung und DMX-Adressierung vorgenommen werden. Es gibt sogar ein virtuelles Luxmeter zum virtuellen Einleuchten. Auch IES LVKs ohne Leuchtenbezug und Renderings funktionieren mit Vectorworks gut. Allerdings gibt es keine Leuchtenobjekte mit entsprechender Merkmalstiefe. Scheinwerfer verfügen nur über generische LVKs für Renderings, ohne eine Option eine IES zu hinterlegen. Es ist Dank der Eventnähe auch kein Wunder, dass Vectorworks an der GDTF-Format-Entwicklung beteiligt war. Dies ist ein offenes Standardformat für den Austausch von Event-Produkten, wie motorisierte Scheinwerfer. Mit GDTF ist es möglich, Kanalbelegungen, Features und Optionen von Bühnenequipment offen und universell zu beschreiben. GDTF klingt ähnlich, ist aber nicht zu verwechseln mit GLDF, dem offenen Format für Architektur-Leuchten (siehe LICHT 4 I 2021).

Allplan

Seit 1984 ist Allplan von Nemetschek auf dem Markt. Es ist als universelle Bauplanungssoftware angetreten, um alle Bedürfnisse eines Architekten zu erfüllen. Das Fundament des Programms sind neben der Entwurfsdarstellung und Mengenermittlung auch ein Statik- und Bewehrungsmodul. Allplan kann gut mit IFC und BCF umgehen und bietet eine Kollaborationsplattform an. Möglichkeiten zu einer Planung von technischer Gebäudeausrüstung (TGA), inkl. Elektro-Komponenten, sind nur mit dem Zusatzprogramm AX3000 möglich. In diesem Zusatzprogramm sind auch Leuchten als Objekt vorhanden. Aber ohne einen LVK-Import und nur mit generischen LVK zum Rendern.

ArchiCAD, Vectorworks und Allplan gehören heute alle zur Nemetschek Gruppe, einem deutschen Bausoftwareunternehmen mit Sitz in München. Die Nemetschek BIM-Programme sind heute große Unterstützer von OpenBIM und IFC, obwohl Georg Nemetschek am Anfang von Allplan die Schaffung von IFC noch aus protektionistischen Gründen ablehnte.

Bentley OpenBuildings Designer

Etwas unbekannter als die anderen BIM-Autorensysteme ist hierzulande das amerikanische Unternehmen Bentley, ein Spezialist für Infrastruktur-Software. Das Programm OpenBuildings Designer erlaubt eine komplette BIM-Gebäudemodellierung sogar mit technischer Gebäudeausrüstung und Leuchten-Objekten. Es gibt viele Importformate inkl. Revit RFA und Sketchup SKP. Bentley nutzt die RELUX ReCad-Schnittstelle, um Räume und Leuchten in beiden Richtungen mit Relux Desktop auszutauschen.

BricsCAD BIM

Das User Interface und einige Assistenten von BrisCAD BIM ähneln dem gewohnten AutoCAD. Dies ist kein Wunder, da es auf der Open Design Alliance Plattform basiert. Das ursprünglich belgische BrisCAD wurde von CAD in Richtung BIM weiterentwickelt. IFC und BCF bilden hierfür die Schnittstellen. Wer Elektroplanung in BrisCAD machen möchte, braucht dafür Drittanbieter PlugIns. Nativ gibt es keine Leuchten-Objekte. IES-Dateien können für ein Rendering herangezogen werden. BrisCAD BIM wirbt mit einem Import von Revit RVT- und SketchUp SKP-Dateien. Mit dem kostenpflichtigen Zusatzmodul »Communicator« können auch diverse 3D-Konstruktionsformate, inkl. STEP und CATIA, importiert werden.

SketchUp

SketchUp startete als »3D-Modellierer für Alle«, insbesondere aber für Einsteiger. Google kaufte das Unternehmen und bewarb die Software als kostenloses Programm zum Erstellen von Gebäudemodellen für Google Earth. 2012 kaufte Trimble, ein auf Navigation und Scannen spezialisierte Unternehmen, SketchUp und setzte es auf die BIM-Spur mit einer IFC-Schnittstelle. Es ist ein kostenpflichtiger 3D-Modellierer, der auch BIM kann, doch weniger ein klassisches BIM-Autorensystem ist. Für Beleuchtungsplanung ist dieses eher uninteressant; auch weil es hier keine Leuchten gibt. Für Bauwerkshülle und Entwürfe ist dies ein gutes und leicht zu erschließendes Werkzeug. Viele Visualisierer bieten auch Schnittstellen zu SketchUp an. Ebenfalls von Trimble ist Tekla, ein sehr leistungsfähiges BIM-Autorensystem. Allerdings sehr spezialisiert auf Tragwerksplanung und Stahlbau. Hier ist über Beleuchtung und die gesamte technische Gebäudeausrüstung nichts enthalten.

Blender BIM

Blender kennt man als leistungsstarken und kostenlosen 3D-Modellierer und Animationsprogramm. Spannend ist ein freies BIM-AddOn, welches eine IFC 4-Schnittstelle bietet. Heute ist es nur als Alphaversion herunterladbar und hat noch einen recht eingeschränkten Funktionsumfang. Auch Leuchten sind noch nicht auf der Entwicklungs-Roadmap. Das Projekt scheint aber spannend.

Revit

Revit 1.0 wurde im Jahre 2000 von einer relativ kleinen amerikanischen Softwareunternehmung veröffentlicht. Zwei Jahre danach wurde es von Autodesk gekauft und zum BIM-Fundament des Konzerns. Es sollte noch einmal 10 Jahre dauern, bis Revit massiv mit technischer Gebäudeausrüstung erweitert wurde. Seit damals findet man hier die besten Licht-Objekte der BIM-Autorensysteme. Leuchten können IES-Lichtstärkeverteilungen zugeordnet werden und sogar mehrere davon an verschiedenen Stellen. Auch bewegliche Teile, Varianten und freie Merkmale sind möglich. Was die Revit-Leuchten noch von RELUX-Leuchten unterscheidet, ist die Lichtquellenunterteilung und die Eigen-Verschattung. Mitleuchtende Teile können in Revit mit selbstleuchtenden Materialien simuliert werden. Diese verfälschen zwar die Lichtberechnung, da aber keine photometrische Kunstlichtberechnung ohne PlugIns möglich ist, stört dies nicht. Das RELUX PlugIn, welche eine photometrische Berechnung direkt in Revit erlaubt, nutzt nur die IES LVK und nicht die selbstleuchtenden Flächen. Heute hat Revit eine sehr gute und anpassbare IFC-Schnittstelle und kann auch mit BCF arbeiten. Leider gibt es in Revit nativ keine Sensor-Objekte. Nur mit ReluxCAD for Revit PlugIn sind Sensoren inklusive Erfassungsbereiche planbar. Es gibt fest integrierte Renderer, die mich immer an die Rendering-Optionen in AutoCAD erinnern. Diese sind ganz gut, könnten aber noch besser sein. Wer richtig visualisieren möchte, der nutzt mit Revit (oder auch mit den anderen BIM-Autorensystemen) einen externen, nachgelagerten Visualisierer wie zum Beispiel Enscape. Diese erzeugen nicht nur Bilder, sondern begehbare visuelle Szenen; ähnlich einer Game-Engine. Revit dominiert deutlich und unbestritten den globalen Markt der BIM-Autorensysteme. Das Revit-eigene Bauwerksmodell bzw. Projektformat RVT ist dem IFC gleichrangig in Struktur und Umfang. Auch bei Licht und Beleuchtung kann heute kein anderes BIM-Autorensystem mit Revit mithalten. Wer aus der Licht- oder Elektrobranche noch kein BIM-Autorensystem verwendet, dem würde ich für einen BIM-Einstieg derzeit Revit empfehlen.

Abb.: Autodesk Revit mit ReluxCAD for Revit AddOn Robert Heinze

Weitere Informationen:

Autor: Robert Heinze, www.relux.com

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