Wissenschaft & Forschung
Licht 3 | 2020

Alterung von weißen Hochleistungs-LEDs

Einfluss von Temperatur und Strom auf Strahlungsfluss und Farbort

Das im Jahr 2016 bis 2019 durchgeführte Projekt PQL 2 hatte zum Ziel, den mittelständischen Leuchtenherstellern im Rahmen der stark steigenden technologischen und qualitativen Anforderungen verbindliche Empfehlungen zur Konstruktion von LED-Leuchten zu geben. Im Rahmen dieses Projekts wurden am Fachgebiet Lichttechnik der TU Darmstadt LED-Typen gealtert und untersucht. Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, in neuen Messreihen Daten zur Lebensdauer von LEDs zu generieren.

Lesezeit: ca. 15 Minuten

1. Einleitung und Problemstellung

Nach anfänglichen Schwierigkeiten und einer beginnenden Neustrukturierung der Märkte durch die Einführung der LED als Lichtquelle zeichnet sich in der Beleuchtungsbranche durch intensive Bemühungen der Jahre 2006-2016 eine positive Entwicklung ab. Das im Jahr 2016 bis 2019 durch die im ZVEI-Lichtverband begleitete vorliegende Projekt PQL 2 hatte zum Ziel, den mittelständischen Leuchtenherstellern (KMU) im Rahmen der stark steigenden technologischen und qualitativen Anforderungen verbindliche Empfehlungen zur Konstruktion von LED-Leuchten zu geben. Im Fokus stehen Erkenntnisse zu Lebensdauer, Zuverlässigkeit, Farbqualität und allgemeiner Performance bei LEDs, LED-Modulen, Treiberelektronik und Leuchtensystemen anhand praktischer und realitätsnaher Laboruntersuchungen. Nachfolgend werden die aus der Sicht von 2016 identifizierten Problemstellungen der überwiegend mittelständisch geprägten Lampen- und Leuchtenindustrie in Deutschland beschrieben.

1.1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung

Eine grundlegende Motivation für die vorliegende Projektkonzeption bilden die dynamische Entwicklung der weißen LED in den zehn Jahren von 2006 bis 2016 sowie ihr unaufhaltsamer Einzug in alle Bereiche der Beleuchtungstechnik. Dadurch sieht sich eine ganze Branche im Bereich der mittelständischen Industrie mit einem enormen Anpassungsdruck sowie der damit verbundenen Umstrukturierung konfrontiert. Der geplante Projektrahmen hat zum Ziel, die durch die enge Kooperation mit den Herstellern erkannten Herausforderungen der Industrie im Rahmen der LED-Beleuchtung zu beheben. Das schließt sowohl die Verbesserung bereits bestehender Produkte, insbesondere jedoch auch das Umsetzen erweiterter Ideen zur Erschließung neuer Anwendungsfelder in der lichttechnisch und technisch anspruchsvollen Beleuchtung mit LEDs ein. Nachfolgend werden die erkannten Problemfelder der Industrie anhand der wichtigsten Anwendungsgebiete in der LED-Beleuchtung konkret erläutert.

1.2 Stand der Forschung und Entwicklung

Für weiße LEDs der Generationen bis zum Jahr 2014-2015 sind die relevanten Degradationsmechanismen durch internationale und deutsche Projektergebnisse bekannt. Zu nennen sind hier das Packaging, die Klebstoffe, fehlerhafte Lötstellen, übermäßige Alterung der Leuchtstoff-Silikon-Mischung sowie ungeeignete Leiterplattenmaterialien. Auf der Basis dieser Erkenntnisse wurden neue LED-Generationen entwickelt, die optimierte Packaging-Strukturen, neue Leuchtstoffsysteme und angepasste Leuchtstoffaufguss-Verfahren nutzen. Es besteht die Möglichkeit eines direkten Aufgusses, die Trennung von Chip und Leuchtstoff sowie die Einlagerung der Leuchtstoffpartikel in Keramikplatten. Bislang liegen sehr wenige und in sich nicht schlüssige Berichte über das Alterungsverhalten anhand von LM-80-Berichten (LM-80-08 /1/) vor. Das Verfahren zur Vorhersage des Lichtstromrückgangs nach TM-21 (TM-21-11 /2/) stimmt nicht bei allen Packaging-Strukturen mit den in der Praxis gewonnenen Alterungswerten überein. Bei vielen LED-Typen können Lebensdauervorhersagen deshalb nicht mit ausreichender Sicherheit getroffen werden. Zudem ist der Rückgang des Lichtstroms nur die Änderung eines photometrischen Parameters. Angaben zum Alterungsverhalten und dessen Vorhersage fehlen bisher für weitere wichtige farbmetrische und spektrale Parameter, wie den Farbort oder die Änderungen im kurz- und längerwelligen Spektralbereich. Für die Dimensionierung intelligenter Innenraumleuchten und deren Lebensdauervorhersage fehlt damit die entscheidende Grundlage.

Die bisherigen Alterungsergebnisse im Zeitraum 2011-2014 durch die Autoren zeigen Folgendes:

  • Temperatur und Betriebsstrom sind entscheidende Faktoren für die Alterung. Hohe Ströme (> 700 mA) sind daher möglichst zu vermeiden.
  • Die Empfindlichkeit der Leuchtstoff-Silikon-Mischung in Verbindung mit erhöhter Temperatur und Kontakt mit aggressiven chemischen Substanzen (z. B. Abgasen) sind ebenfalls ursächlich für eine signifikante Alterung der Leuchten. Die Alterung im Chipaufbau entsteht u.a. durch parallel leitende Pfade im pn-Übergang, so dass immer weniger Rekombinationen stattfinden und weniger optische Strahlung erzeugt wird.
  • Die Alterung ist von LED-Typ zu LED-Typ sehr unterschiedlich. Bei 1.000 mA und 95 °C ist die L70-Lebensdauer häufig bereits nach 11.000 Stunden erreicht.

Ziel dieser im Jahr 2016 gestarteten Forschungsarbeit ist es, in neuen, diese Erkenntnisse berücksichtigenden Messreihen Daten zur Lebensdauer zu generieren. Dabei wurden zu Beginn der Projektarbeit folgende Arbeitshypothesen erstellt:

  • Die Bestimmung der Lebensdauer der LEDs über die Berechnung der Aktivierungsenergie ist praxistauglich und sinnvoll.
  • Häufig ist nicht der Chip für die schnelle Degradation zuständig. Oft weist die Silikonmischung die höchste Temperatur auf und sollte deshalb zur Überwachung und Modellierung der Lebensdauer verwendet werden.
  • Die Lebensdauer-Berechnung über die optische Leistung und Änderungen im optischen Spektrum statt über den Lichtstrom ist ebenfalls möglich und für die LED-Anwender praktikabler.
  • Die Lebensdauer von weißen und farbigen LEDs und die Änderung ihrer spektralen und farbmetrischen Eigenschaften unterscheiden sich. Die Degradation dieser LEDs muss unterschiedlich kompensiert werden, um über längere Zeit einen definierten Weißpunkt halten zu können.
  • Es ist sehr schwierig bis unmöglich, die Lebensdauer von LEDs für normale Betriebsbedingungen (z. B. 350 mA, 60 °C) aus den Daten der beschleunigten Alterung unter erhöhten Arbeitsbedingungen (z. B. 1.000 mA, 105 °C) berechnen zu können.

2. Alterung von LEDs

Im Rahmen des durchgeführten Projekts mit der Bezeichnung PQL2 wurden am Fachgebiet Lichttechnik der TU Darmstadt folgende LED-Typen gealtert und untersucht:

  • Weiße High-Power LEDs (HP-LEDs, Baujahr 2011 vom Projekt PQL1) und Baujahr 2015 zum Beginn des Projekts PQL2, mit unterschiedlichen Herstellern, Stromstärken und Temperaturen
  • Chip-on-Boards LEDs mit hohen elektrischen Leistungen
  • Module von weißen LEDs
  • Farbige LEDs (rot, tiefrot, grün, blau) mit unterschiedlichen Wellenlängen und Materialsystemen
  • Midpower-LEDs
  • Chip-Scale-Packaging LEDs (CSP) und weiße HP-LEDs mit sehr hoher Farbwiedergabe (mit hochkomplexen Leuchtstoffsystemen für hochqualitative Innenraumbeleuchtung)

In diesem Papier beschreiben die Autoren die Ergebnisse aus Untersuchungen von weißen HP-LEDs und COB-LEDs.

2.1.Beschreibung der Normen LM-80 und TM-21

Die Lichtausbeute einer LED nimmt bei konstanten Bedingungen im Laufe der Zeit kontinuierlich ab. Dieses Verhalten, welches auch als Degradation bezeichnet wird, resultiert aus der Veränderung des Halbleiterchips und seinem Gehäuse sowie der sich anschließenden Primäroptik. Ein unmittelbarer Ausfall der LED, ähnlich dem Versagen einer Glühlampe, tritt nicht auf, solange die LED korrekt angesteuert wird. Allerdings beeinflussen viele Umwelteinflüsse die LED während ihrer Laufzeit (Abb. 1).

Abb. 1: Schema der Ursachen für die LED-Alterung TU Darmstadt

Abb. 2 zeigt den Schnitt durch eine bereits geschädigte LED. Über dem Leuchtstoff und an den Seiten der Primäroptik deutet die schwarze Verfärbung auf eine Vorschädigung hin. Die Primäroptik ist anfällig für mechanischen Stress, Trübung und Umwelteinflüsse. Der LED-Leuchtstoff reagiert auf Feuchtigkeit, hohe Temperatur und chemische Einflüsse. Schädliche Substanzen, die insbesondere eine Veränderung des Leuchtstoffs bewirken, sind in einer Liste der Firma Cree veröffentlicht [3]. Der LED-Chip ist anfällig für thermischen Stress, ESD, chemische Dämpfe und Delamination. Die äußeren Einflüsse und daraus resultierenden Schädigungen während des Betriebs der LED sind Gegenstand dieses Forschungsprojektes.

Die Lebensdauer von LEDs wird von den Herstellern meist in der Form »L70 (9k) >50.000« angegeben. Dieser Ausdruck bezeichnet einen Rückgang des LED-Lichtstroms auf 70 % nach frühestens 50.000 Betriebsstunden, ausgehend von einer 9.000-stündigen Testreihe.

Um diese Lebensdauer zu ermitteln, haben sich zwei Standards international durchgesetzt. Zum einen das Messverfahren nach LM-80 zum anderen die Berechnungsmethode nach TM-21 [2].

Abb. 2: Aufbau einer High-Power-LED (Quelle: Hochschule Hannover) Hochschule Hannover

Bei dem LM-80-Verfahren handelt es sich um einen reinen Lebensdauertest. Hier wird der Lichtstrom über der Zeit für drei verschiedene Gehäusetemperaturen (55 °C, 85 °C und eine freiwählbare Temperatur) aufgezeichnet. Die Temperatur der umgebenden Luft darf nur eine Abweichung von max. +/- 5 °C aufweisen und die Gehäusetemperatur nur eine Abweichung von max. +/- 2 °C. Luftströme über dem Prüfling, also eine aktive Kühlung, darf nicht erfolgen. Die minimale Testdauer beträgt dabei 6.000 Betriebsstunden. Messwerte sollen im Idealfall alle 1.000 h aufgenommen werden.

Die TM-21 dagegen stellt kein Testverfahren, sondern ein Verfahren zur Extrapolation über den Messzeitraum hinaus dar. Dazu werden die ermittelten LM-80-Werte genutzt und daraus die voraussichtliche weitere Lichtstromabnahme berechnet. Das Verfahren wird auf die sechsfache Testdauer des LM-80-Tests begrenzt. Werden also 50.000 Betriebsstunden oder mehr nach dem TM-21-Verfahren angegeben, muss das Leuchtmittel über 8.000 h getestet worden sein. Die Angabe der Lebensdauer erfolgt dann über den L70-Wert, also den Zeitraum, bis zu dem nur noch 70 % des Lichtstroms verglichen mit dem Neuzustand emittiert werden.

2.2 Auswahl der LED-Typen

Für die LED-Alterung wurden zwei LED-Typen vom Baujahr 2011 vom früheren Projekt PQL 1 ausgewählt, die zu Beginn des Projekts PQL 1 zu den meistverkauften LED-Produkten gehörten. Die Anzahl der Testmuster pro Alterungsbedingung betrug 20 Stück. Diese Anzahl erlaubt eine gute statistische Auswertung der Daten. Die LEDs haben eine ähnlichste Farbtemperatur TCP =4000 K und einen Farbwiedergabeindex Ra>80. LEDs mit solchen Charakteristiken werden primär in der Innenraumbeleuchtung eingesetzt. Neben den weißen LEDs werden pro LED-Typ auch 20 blaue LEDs ohne den aufgebrachten Leuchtstoff gealtert. Dies erweist sich als hilfreich bei der Suche nach den Ursachen, wodurch die Lichtstromdegradation verursacht wurde.

Als Alterungsbedingungen wurden die Kriterien der LM-80-08 übernommen. Diese definiert als Pflichttemperaturen 55 °C und 85 °C. Die dritte, frei wählbare Temperatur, wurde an der TU Darmstadt mit 95 °C festgelegt. Die Ströme betrugen dazu 350 mA, 700 mA und 1.000 mA. Neben dem Betrieb der Bauelemente aus dem Jahr 2011 wurden weiße LEDs neuerer Bauart (Jahr 2015) beschafft und betrieben. Hierbei hat sich die Zahl der Betriebsbedingungen und Testobjekte reduziert, um eine höhere Zahl an verschiedenen LED-Typen zu untersuchen. Eine Übersicht der Bedingungen und Anzahl wird in Tabelle 1 dargestellt.

Hersteller

LED-Typ

700mA
85° C

1.200mA
85°C

700mA
100°C

1.200mA
100°C

C

1

2

3

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

D

1

X

X

X

X

Der elektrische Betrieb der LEDs wird durch mehrere Source-Meter (Präzisionsschaltnetzteile) der Fa. Keithley realisiert. Diese gewährleisten eine hohe Zuverlässigkeit und den besonders wichtigen Schutz gegen Überspannung im Falle vom Ausfall einer der in Reihe geschalteten LEDs. Außerdem liefern die Geräte, dank universeller Schnittstelle, alle notwendigen elektrischen Daten an die Überwachungssoftware, die aus diesen einen LED-Totalausfall unabhängig, ob Kurzschluss oder Leerlauf sofort erkennt und protokolliert. Für die Erzeugung der festgelegten Temperaturen wird elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Diese kostengünstige Methode bietet eine ausreichende Genauigkeit in relativ engen Toleranzen, so wie in LM-80-08 gefordert. Die Temperaturüberwachung wird auch von der Steuersoftware übernommen.

2.3 Messung der LEDs

Was die LED-Alterung betrifft, stellt die Messung der LEDs die größte Herausforderung während der gesamten Projektphase dar. Die Alterung soll sich über mehrere tausend Stunden erstrecken, was eine sehr hohe Stabilität der Messanlage voraussetzt. Abb. 3 zeigt den Messaufbau am FG Lichttechnik der TU Darmstadt.

Da die verwendeten Geräte (insbesondere die Ulbricht-Kugel) einer natürlichen Alterung unterliegen, müssen die entstandenen Abweichungen kompensiert werden. Für diesen Zweck wurden pro LED-Typ nicht gealterte LEDs der gleichen Produktionscharge als Referenz-LEDs bestimmt, die vor jeder Messung vermessen wurden. Den Mittelwert aller Referenz-Werte bildete die neue Null-Linie, um so die Änderung der U-Kugel-Beschichtung und des Messsystems zu kompensieren.

Abb. 3: Messaufbau am FG Lichttechnik der TU Darmstadt TU Darmstadt

Abb. 4: Neuer Messplatz für LED-Messungen TU Darmstadt

Für die LED-Messungen wurde ein neuer Messstand entwickelt, der einerseits spektrale, anderseits elektrische Messungen bei unterschiedlichen Temperaturen gewährleisten kann (Abb. 4). Eine hohe Reproduzierbarkeit der optischen Messung wurde unter anderem mit Hilfe einer genauen und präzisen Linearführung erreicht. Bei der Messung von geringen Strömen können leicht Störsignale eingekoppelt werden, daher wurden die Leitungen elektrisch sehr gut abgeschirmt.

Alle LEDs werden auf speziellen Messplatinen gealtert, die für die Messungen einen thermischen Sensor integriert haben. Verschiedene LED-Typen weisen andere Lötpads auf, die beim Entwurf der Messplatinen beachtet werden müssen. Die Platinen wurden bei einer externen Firma gefertigt und mit LEDs und Thermosensoren bestückt. Der Aufbau einer solchen Platine ist in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5: Aufbau der Mess- und Alterungsplatine für die LEDs Max Wagner

Auf der Platine sind zwei Temperatursensoren (Pt100 und Thermopaar Typ K) vorgesehen. Dazu kommt eine Steckverbindung, die ein schnelles und sicheres Verbinden mit der Source-Meter-Unit und dem Temperaturregler gewährleistet. Während der Messung wurden die LEDs immer auf 25 °C Gehäuse-Temperatur konstant gehalten. Es wurde entschieden, die LEDs während der Messung durch Pulse mit einer Dauer TD=20 ms zu betreiben. Dies minimiert den Effekt der Selbstaufheizung des LED-Dies und die daraus resultierende Verfälschung der LED-Charakteristiken.

Als Messströme wurden in der Regel die Betriebsströme (IF=350, 700 und 1.000 mA) gewählt. So konnte eine optimale Aussteuerung des Spektrometers erreicht werden, ohne die Messzeit unnötig zu verlängern.

3. Alterungsdaten von weißen HP-LEDs

3.1 Langzeitdaten über 24.000 h (Baujahr 2011)

Die im Vorgängerprojekt gealterten LED-Packages wurden weiter betrieben, so dass eine gesamte Alterungszeit von 24.000 h erreicht wurde. Nach TM-21 wäre hiermit die sechsfache Zeit durch Extrapolation vorhersagbar, was 144.000 h beträgt. Abb. 6 zeigt den Rückgang des relativen Strahlungsflusses für einen Betriebsstrom (700 mA) und zwei Temperaturen (55 °C und 85 °C). Jeweils zehn LED-Packages wurden gealtert, wobei der Mittelwert aufgetragen ist und die vertikalen Balken den Standardabweichungen entsprechen.

Die höhere Temperatur hat zur Folge, dass der Strahlungsfluss zu Beginn ansteigt, was durch die Ausheilung im Kristall hervorgerufen werden kann. Bis zum Zeitpunkt von 12.000 h bleibt der Strahlungsfluss dann konstant. Dies bedeutet, dass eine Vorhersage der Lebensdauer bis dann nicht möglich ist. Nach diesem Zeitpunkt fällt die grüne Kurve nahezu linear bis zum Ende hin ab. Hieraus ließe sich eine Extrapolation erstellen, wenn der vorherrschende Alterungsprozess weiterhin anhält. Für die geringere Temperatur von 55 °C ist der Beginn des Strahlungsflussrückgangs nicht so deutlich ausgeprägt. Insgesamt bleiben die Werte bis zum Ende des Tests oberhalb von 95 %. Deutlich wird, dass die höhere Temperatur den Alterungsprozess zwar beschleunigt, dieser jedoch erst spät einsetzt und somit schwer vorherzusagen und zu extrapolieren ist.

Abb. 6: Links: Rückgang des Strahlungsflusses von jeweils zehn High Power LED-Packages für einen Betriebsstrom (700 mA) und zwei Temperaturen (55 °C und 85 °C), Rechts: Farbdrift während der Alterung im u'v‘-Farbraum, nach links bedeutet in Richtung Grün, nach oben in Richtung Gelb. TU Darmstadt

Die Betrachtung der Farbverschiebung geschieht im CIE 1976 UCS Farbraum (Abb. 6). Hierbei wird der Farbdrift aller zehn LED-Packages dargestellt. In den ersten 2.000 h bewegen sich die Messobjekte nach links, das bedeutet in Richtung grün. Danach ändern sich die Farbkoordinaten nur noch im Bereich von Werten von etwa 0,001, um dann in der letzten Phase stark anzusteigen. Dies entspricht einem gelben Farbdrift, was bei High Power LEDs oft beobachtet wird. Die Bewegung in Richtung gelb setzt zeitgleich mit dem Beginn des Strahlungsflussrückgangs auf, so dass diese beiden Beobachtungen sehr wahrscheinlich durch einen gemeinsamen Alterungsmechanismus hervorgerufen werden.

3.2 Weiße High Power LED-Packages von 2014

Im Laufe des Projekts PQL 1 wurden weiße LED-Packages von damals aktueller Bauart angeschafft und in die Alterung gebracht. Ein Teil der Bauteile wurde ausgewählt und bei verschiedenen Bedingungen weiter betrieben (siehe Tabelle 1).

Die Alterungszeit betrug beim Start des Projekts lediglich bis zu 2.000 h. Aufgrund der entstandenen Lagerungszeit wurden die LED-Packages zu Beginn erneut vermessen. Dabei zeigte sich eine Abweichung zu den letzten Werten, die vor der Lagerung aufgenommen wurden. Nach weiteren 1.000 h erreichten die lichttechnischen Werte wieder den vorherigen Zustand. Alle LED-Packages wiesen sowohl einen Lichtstromverlust auf, als auch eine Farbverschiebung in Richtung Gelb. Beides wurde durch den weiteren Betrieb wieder rückgängig gemacht. Der Lichtstrom stieg wieder und die Farbverschiebung ging zurück in Richtung Blau. Die Hauptursache für diesen Effekt stellt die Einlagerung von Feuchtigkeit in der Silikonverkapselung des LED-Packages dar. Diese führt unter anderem zu einer Lichtstromreduktion. Außerdem tritt ein geringer Anteil an blauer Strahlung aus, was zum Gelbshift führt. Bei langen Lagerungszeiten ist somit zu beachten, dass sich das gemessene Spektrum einer LED zu Beginn des Betriebs noch stark ändern kann.

Im Folgenden werden die Ergebnisse von D1 (siehe Tabelle 1) bei vier unterschiedlichen Alterungsbedingungen gezeigt (Abb. 7). Zu beachten ist hierbei, dass bereits eine Voralterung von 2.000 h erfolgte, die hier nicht mit in den Daten abgebildet ist.

Der Rückgang des Strahlungsflusses wird maßgebend durch die Höhe des Vorwärtsstroms bestimmt. Die Kurven fallen bis 6.000 h so stark ab, dass möglicherweise eine Alterungsfunktion oder auch Extrapolation möglich wäre. Ein Vergleich mit dem ebenfalls untersuchten Farbdrift zeigt, dass fast unmittelbar zu Beginn ein starker Drift (Δu‘v‘ > 0,01) in Richtung Gelb erfolgt (Abb. 7, rechts). Die Farbverschiebung steigt hierbei mit höherem Strom. Es lässt wiederum darauf schließen, dass der vorherrschende Alterungsmechanismus sowohl eine Farbverschiebung, als auch einen Strahlungsfluss- und Lichtstromrückgang bewirkt.

Abb. 7a: Links: Rückgang des Strahlungsflusses von jeweils zehn High Power LED-Packages für zwei Betriebsströme (700 mA und 1.200 mA) und zwei Temperaturen (85 °C und 100 °C) TU Darmstadt
Abb. 7b: Rechts: Farbdrift in Richtung Gelb während der Alterung bei 100 °C und zwei Strömen TU Darmstadt

Die Untersuchung der High Power LEDs eines anderen Herstellers zeigt deutlich andere Ergebnisse. In Abb. 8 ist der Rückgang des relativen Strahlungsflusses für drei Bedingungen dargestellt. Wiederum wird deutlich, dass eine Erhöhung des Stromes zu einer stärkeren Degradation führt.

Bei einem Vorwärtsstrom von 700 mA unterscheiden sich die Alterungsverhalten bei 85 °C und 105 °C nicht, nach einem leichten anfänglichen Rückgang sind die LED-Packages stabil bis 7.000 h und sinken dann leicht ab. Beim Vorwärtsstrom von 1.200 mA (schwarze Kurve) fällt der Strahlungsfluss kontinuierlich und stärker ab und hat nach 7.000 h bereits 5 % des Anfangswerts verloren. Die höchste Alterungsbedingung bei 1.200 mA und 100 °C führte bereits nach 2.000 h zu einem Quasi-Totalausfall und wird daher nicht mit in dem Diagramm dargestellt. Die Alterungsbedingungen liegen hier jedoch oberhalb der im Datenblatt angegebenen Toleranzgrenze.

Die vorliegenden Daten zeigen, dass eine Extrapolation nur dann aus den Daten erfolgen kann, wenn diese bei Bedingungen erzeugt werden, die die Alterung stark beschleunigen. Andernfalls tritt ein Rückgang des Strahlungsflusses erst nach 6.000 h auf, eine Zeitdauer, die für die meisten Anwender nicht akzeptabel ist.

4. Chip-On-Board-LEDs (COB)

Im Folgenden wird die Untersuchung von Chip-On-Board-LEDs (COB-LEDs) vorgestellt. Der große Unterschied zu den bisher betrachteten High Power LEDs besteht darin, dass viele LED-Chips auf einem Board aufgebracht sind und somit die Leistungsaufnahme um ein Vielfaches höher liegt.

4.1 Alterung und Messaufbau für COB-LED-Module

Aufgrund der hohen thermischen und optischen Leistungen sind sowohl ein neuer Alterungsstand, als auch eine Erweiterung an der Ulbricht-Kugel nötig (Abb. 9). Jeweils vier COB-Module befinden sich auf einem Kühlkörper, wobei die Temperatur durch unterschiedlich starke Luftströme eingestellt werden kann. Der Temperaturmesspunkt befindet sich auf jedem Bauteil direkt neben der lichterzeugenden Fläche. Jedes COB Modul wird von einem Vorschaltgerät mit einem Konstantstrom betrieben und benötigt dafür eine Spannung von etwa 38 V.

Abb. 8: Rückgang des Strahlungsflusses von jeweils zehn High Power LED-Packages für zwei Betriebsströme (700 mA und 1.200 mA) und zwei Temperaturen (85 °C und 100 °C) TU Darmstadt
Abb. 9: Links: Vier COB-Module auf einem Kühlkörper, jeweils mit einem Temperatursensor (PT100) Rechts: Messanschluss für COB-Module an der Ulbricht-Kugel (ø1 m) mit Wasserkühlung TU Darmstadt
TU Darmstadt

Für die Messung werden die Module mit ihrer Rückseite direkt auf eine Oberfläche angebracht, die mit Wasser durchströmt wird. In Abb. 9 ist rechts der neue seitliche Anschluss für Messungen an der Ulbricht-Kugel dargestellt.

4.2 Alterungsergebnisse

Die COB-Module wurden 6.000 h lang betrieben und jede 1.000 h spektral an der Ulbricht-Kugel vermessen. Die daraus bestimmten Lichtströme werden in Abb. 10 für den Vorwärtsstrom von 3.300 mA und vier Temperaturen aufgezeigt.

Abb. 10: Rückgang des relativen Lichtstroms für 3.300 mA und vier Temperaturen TU Darmstadt

4.3 Entwicklung eines Alterungsmodells

Bei nahezu allen Bedingungen stellten sich so starke Lichtstromrückgänge ein, dass 90 % und 85 % des Anfangswerts erreicht wurden. Daher müssen diese Zeitpunkte nicht extrapoliert werden, sondern können direkt für die weitere Analyse verwendet werden. Oft verhalten sich temperaturbeschleunigte Prozesse nach dem in der Chemie und Physik bekannten Arrhenius-Gesetz. Dieses kann über eine spezielle Auftragung im sogenannten Arrheniusgraphen (logarithmische Darstellung der zu testenden Größe über die inverse Temperatur) überprüft werden. Abb. 11 zeigt dies für die Daten der Module bei einem Vorwärtsstrom von 3.300 mA und allen vier Temperaturen.

Abb. 11: Arrheniusgraph für vier Temperaturen TU Darmstadt

Aus der Steigung der Gerade in Abb. 11 lässt sich ein Parameter des Lebensdauermodells herausziehen. Viele Alterungsprozesse werden ebenfalls durch die Erhöhung der elektrischen Stromdichte beschleunigt. Der Zusammenhang kann oft über eine Potenzfunktion abgebildet werden. Die Abhängigkeit des zeitlichen Verhaltens von Temperatur und Strom kann nun in einer Lebensdauerfunktion abgebildet werden:

TU Darmstadt

Die ausführliche Herleitung der Gleichung 1 und die Umsetzung mit realen Alterungsdaten findet sich bei Wagner [4]. Nach Bestimmung der Parameter kann nun die Lebensdauer für jede Temperatur und jeden Vorwärtsstrom aus Gleichung 1 berechnet werden. Abb. 12 zeigt das Ergebnis in Form einer dreidimensionalen Fläche.

Abb. 12: Lebensdauerfunktion L85(T,I), die grünen und roten Punkte bilden die Basis zur Parameterbestimmung, der blaue Punkt (3.300 mA und 55 °C) ist ein zu vergleichender Messwert TU Darmstadt

Die Fläche, die die Lebensdauer bis 85 % des Anfangslichtstroms darstellt, steigt mit fallender Temperatur und Strom an. Die drei grünen und zwei roten Messpunkte bilden die Basis für die Parameterbestimmung des Modells. Der blaue Punkt stellt einen Messpunkt für 3.300 mA und 55 °C dar. Da dieser Punkt nahezu auf der Fläche liegt, liefert das Modell hier auch für extrapolierte Werte ein gutes Ergebnis.

5. Fazit

Die im ersten Projekt entstandenen Ergebnisse zeigten teilweise bereits nach 6.000 h starke Rückgänge des Lichtstroms bei weißen Hochleistungs-LEDs. Dieses Verhalten tritt nach der Untersuchung von aktuelleren Messobjekten nur noch selten auf. Die Degradation von LED-Packages kann unter Umständen erst nach 10.000 h einsetzen, wobei neben meist moderaten Lichtstromrückgängen jedoch starke Farbverschiebungen auftauchen können. Dieses Phänomen lässt sich ebenfalls bei der Langzeitalterung von Leuchten beobachten. Dies führt zu einer erschwerten Lebensdauerberechnung, da Startzeitpunkte von auftretenden Degradationsmechnanismen mitberücksichtigt werden muss. Das vorgestellte Lebensdauermodell lässt sich beispielsweise nur anwenden, wenn während der Testdauer die Degradation so stark ausfällt, dass dadurch definierte Grenzen unterschritten werden.

6. Literatur

[1] IES LM 80-08: Approved method for measuring lumen maintenance of LED light sources., Illuminating Engineering Society of NorthAmerica. NewYork, N.Y.: IESNA, 2008

[2] IES TM-21-11: Projecting Long Term Lumen Maintenance of LED Light Sources. Illuminating Engineering Society, 2011

[3] CREE: Chemical Compatibility. Cree, 2018, www.cree.com/led-components/documents

[4] Wagner, Max: Einfluss von Temperatur und Strom auf die Zuverlässigkeit und das lichttechnische Verhalten von LED-Systemen, Dissertation TU Darmstadt, Mai 2018

Weitere Informationen:

Autoren: Dr.-Ing. Max Wagner, Prof. Dr.-Ing. habil. Tran Quoc Khanh, Fachgebiet Lichttechnik der TU Darmstadt

Die Autoren bedanken sich bei den früheren und aktuellen wissenschaftlichen Mitarbeitern Dipl.-Ing. H. Ganev, M.Sc. A. Herzog, Dr. T.Q. Vinh und zahlreichen Studierenden für die Erstellung der Messsysteme und für die Durchführung der Alterungsmessungen.

Dieser Artikel ist erschienen in