Planung
Licht 3 | 2019

1000 Flaschen spielend im Griff

Craft Spirits, Raspberry Pi und DALI in der Beavis Bar Berlin

Jon Cooper und Rik Lusing hatten eine Idee: Sie wollten Besitzer einer Bar mit außergewöhnlicher Getränkeauswahl werden. Keine Cocktailbar, Champagnerbar oder Whiskybar sollte es werden, sondern ein Ort, an dem man Spirituosen aus kleinen Brennereien und vielen Regionen pur und in großer Auswahl genießen kann. Entstanden ist die Beavis Bar in Berlin-Mitte, die Craft Spirits in über 1000 Sorten anbietet.

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Abb.: Die Beavis Bar fokussiert auf handwerklich gefertigte Destillate. Die Vielfalt der Spirituosen ist beeindruckend und ermöglicht spannende Verkostungen. Dirk Lässig

Digital Barkeeping

In den letzten Jahren sind immer mehr kleine Manufakturen entstanden, die klassische Spirituosen in höchster Qualität herstellen. In der Barlandschaft spiegelt sich dieser Trend bisher noch nicht angemessen wider, bestenfalls findet man ein paar Spezialitäten der modernen Brennkunst in normalen Bars. Also beschloss Jon Cooper, eine Bar mit einer großer Auswahl an Craft Spirits und wenigen vom eigentlichen Thema ablenkenden anderen Angeboten zu eröffnen. Und der IT-Spezialist hatte auch gleich eine klare Vorstellung, wie er sein Sortiment aus etwa 1000 verschiedenen Spirituosen präsentieren und verwalten wollte. Er überlegte sich eine Kopplung von Lagerhaltung und Kasse: Nach dem Einbuchen einer Bestellung in die Kasse, sollte im Regal hinter der Theke das Fach aufleuchten, in dem die passende Flasche zu finden ist.

Abb.: Über einen Raspberry Pi sind Kassensystem und Lichtsteuerung gekoppelt. Wenn alles programmiert ist, werden zu jeder gebuchten Bestellung die passenden Regalfächer aufleuchten. Dirk Lässig

Schnell wurde klar, dass Standardlösungen bei der Umsetzung dieses Konzeptes kaum weiterhelfen würden. Das fing schon mit dem Bartresen und den Regalen an – beide wurden als Maßanfertigungen genau in den Raum eingepasst. Jon Cooper und sein Partner Rik Lusing wünschten sich ein schlichtes, aber gemütliches Ambiente mit einem leichten Anklang von Improvisation. Die ganze Ausstattung sollte funktional sein, ohne kalt zu wirken. Als Partner für die Umsetzung der raffinierten Lichttlösung fand sich das Brandenburger Unternehmen Code Mercenaries. Der Hersteller von Komponenten für intelligentes Licht bietet ein breites Portfolio, mit dem sich auch Projekte fernab von Standardlösungen wunschgerecht umsetzen lassen.

Gemeinsam erarbeiteten die Gastronomen und der Lichtspezialist ein Konzept für die Beleuchtung der Beavis Bar. Dabei steuerte Code Mercenaries jahrelange Erfahrung mit LED-Licht bei. Um ein Ambiente zu schaffen, in dem sich der Gast wohl fühlt, wurde Wert auf LEDs mit hohem CRI und warmweißem Licht gelegt. Für die Lichtsteuerung kommt der DALI-Bus zum Einsatz. Da allein schon im Regal die Beleuchtung von fast 100 Fächern einzeln angesteuert werden musste und dann noch die Deckenleuchten für die Allgemeinbeleuchtung hinzu kamen, plante man vier separate DALI-Busse ein. Jeweils ein Bus bedient eine Regalhälfte und je ein Bus den vorderen bzw. den hinteren Gastraum. Im Ergebnis lassen sich alle Lichtquellen einzeln ansteuern.

DALI-Leuchten in den Regalböden

Das Regal war eine ganz besondere Herausforderung. Trapezförmige Fachböden und eine zu erwartende Last von 10 oder mehr Flaschen pro Fach sowie die gewünschte Beleuchtung machten eine Sonderlösung unumgänglich. Die ursprünglich angedachten Holzböden wurden als ungeeignet verworfen, denn sie hätten Probleme bei der Integration und Kühlung der LEDs verursacht, außerdem wäre es schwierig geworden, die notwendigen Kabel zu installieren. Stattdessen erwiesen sich Metallböden mit einer Abdeckung aus mattiertem Plexiglas als beste Wahl. Die Berliner Firma Geyer Umformtechnik fertigte die pulverbeschichteten Blechböden auf Maß. In den Blechboden wurden LED-Stripes installiert, die vom DALI zu PWM-Controller »LED-Warrior07-02MOD« von Code Mercenaries angesteuert werden. Der »LED-Warrior07« macht den LED-Stripe zu einer DALI-Leuchte. Durch das Blech können die LEDs die Abwärme problemlos abführen und die Fachböden sind nicht dicker, als es ein entsprechend tragfähiger Boden aus Holz sein müsste. Nach oben schließt eine Plexiglasplatte den Regalboden ab. Durch sie hindurch werden die Flaschen effektvoll von unten angestrahlt. Die Stromversorgung der Regalböden erfolgt über 24 V DC Netzteile. Im Regal liegt nur Schutzkleinspannung an, so dass auch bei auslaufenden Flüssigkeiten keine Gefährdung durch einen Stromschlag auftritt.

Abb.: Das Regal mit über 100 Fächern ist eine Maßanfertigung. In den Regalböden aus Blechgehäuse und Plexiglasabdeckung liegen LED-Streifen, die via DALI angesteuert werden. DALI zu PWM-Controller »LED-Warrior07-02MOD« sorgen für flackerfreies Dimmen des LED-Lichts. Dirk Lässig

Puristische Umsetzung, hohe Lichtqualität

Für die Allgemeinbeleuchtung formulierten die Betreiber den Wunsch, ein hochwertiges Licht mit minimalistischem Aufwand umzusetzen – und das, wie der gelernte Fotograf Rik Lusing es ausdrückte, »mit einem Anklang von Steampunk«. Letztlich setzte sich die Idee durch, nackte AR111-Lampen von der Decke abzupendeln. Die Ansteuerung erfolgt auch hier über DALI zu PWM-Controller »LED-Warrior07-02MOD«. Sie hängen gut sichtbar am Anschlusskabel der Lampen und werden einfach durch einen Knoten im Kabel zugentlastet. Mehr Minimalismus ging nicht, wobei das Ergebnis sich sehen lassen kann. Zumal für die Lampen das Model »Soraa Vivid« ausgewählt wurde, das sich durch einen sehr hohen CRI auszeichnet.

Stimmungsvolle Lichtlinien

Unter der Vorderkante der beiden Thekenabschnitte verlaufen Alu-Profile, in denen mit PC vergossene amberfarbene LEDs sitzen. Ihr warmes Licht harmoniert hervorragend mit dem Holz der Theken und bildet dank relativ großer Abstände zwischen den LEDs ein dynamisches Muster aus Lichtkegeln. Auch diese Lichtkomponente ist über »LED-Warrior07-02MOD« an den DALI-Bus angeschlossen.

Das kleine Herz der Anlage

Die Steuerung der gesamten Lichtinstallation geschieht über einen Einplatinencomputer RaspBerry Pi. Dieser kann die vier DALI-Busse über vier USB zu DALI-Bridges vom Typ »LED-Warrior14« kontrollieren. Die DALI-Busstromversorgung übernehmen »LED-Warrior11« von Code Mercenaries.

Über den Raspberry Pi werden Kassensystem und Lichtsteuerung gekoppelt. Noch läuft die Beleuchtung ohne direkte Steuerung durch die Kasse, daran wird momentan noch gearbeitet. Bisher ist eine Szene aktiv, bei einzelne Fächer heller oder dunkler aufleuchten und so ein langsam wechselndes Muster das Regal bespielt. In der endgültigen Fassung soll bei einer Bestellung das Fach, in dem die jeweilige Flasche steht, hervorgehoben werden. Die Arbeit der Barkeeper wird das deutlich vereinfachen.

Abb.: Das beleuchtete Regal verbreitet ein warmes Glühen im Barraum. Außerdem fungieren LED-Lampen in AR111-Bauform als puristische Deckenleuchten. Auch sie werden via DALI angesteuert. © Lässig

Fazit

Insgesamt ist es gelungen, die Beavis Bar zu einem gemütlichen Platz zu machen, der zum Verweilen einlädt. Die unaufdringliche, aber individuelle Beleuchtung trägt zum wohligen Gesamteindruck bei, die Lichtsteuerung sorgt für Komfort und überrascht die Gäste mit ihren ausgeklügelten Effekten stets auf Neue. Die Beavis Bar hat im März 2019 von der internationalen Spirituosenmesse »Destille Berlin« den »Craft Spirits Award 2019« als »Farm-To-Shaker Bar Of The Year« erhalten.

Abb.: Als sogenannte »Flights« bieten die Betreiber je drei Gläser zu einem bestimmten Thema an. Zum Beispiel gibt es drei Calvados aus der Normandie oder drei verschiedene Birnenbrände als Flight. Dirk Lässig
Abb.: Der LED-Warrior07-02MOD DALI zu PWM Treiber, steuert LED-Stripes und andere Konstantspannungslichtquellen.

Weitere Informationen:

Projekt: Beavis bar, Berlin, http://beavis.bar

Text: Guido Körber, Code Mercenaries, Berlin-Schönefeld, www.codemercs.com

Fotos: Dirk Lässig

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